Wieder einmal mehr sind es Waisenkinder, die die Welt retten. Gibt es in den
Büchern keine intakten Familien mehr? Sind nicht die Eltern diejenigen, die mit
Rat und Tat zur Seite stehen sollten? Können Jugendliche nicht die Welt retten,
indem sie die Eltern als Unterstützer dabei haben? Fragen, die mir niemand
beantworten kann, oder will.
Im Mittelpunkt der Handlung stehen die Waisenkinder Oliver und Molly. Die
beiden ungleichen Heldenpersonen leben zwar in der gleichen Stadt, kennen sich
jedoch nicht, da jeder in irgendeinem anderen Stadtviertel zuhause ist. Und doch
sind sie es, die durch die gemeinsame Bedrohung zueinander finden. Innerhalb
kürzester Zeit werden die beiden zu Gejagten. Oliver Brooks, der miterleben
muss, wie sein Onkel ermordet wird und als sein Mörder ausgedeutet wird. Das
Waisenmädchen Molly Templar wird Zeugin eines brutalen Mordes. Aus reiner Not
und Angst flieht sie zurück ins Waisenhaus. Eine entsetzliche Bluttat löschte
dort jedoch alles Leben aus. Und dabei war man hinter Molly her. Weder den
verzweifelten Kindern, noch den Lesern, die auf dem gleichen Wissenstands
gehalten werden, ist nicht bewusst warum und weshalb sie die Hauptfiguren in
dieser unheimlichen und geheimnisvollen Verschwörungsgeschichte geworden sind.
Der Roman Das Königreich der Lüfte beginnt im Königreich Jackals, dem
mächtigsten und gefürchtetsten aller bekannten Länder, indem nichts so ist,
wie wir es gewohnt sind und von dem bislang kein Leser etwas in Erfahrung
bringen konnte. Während die Erzählung langsam losgeht, erfahren wir von
paradiesischen Zuständen, wie sie schöner nicht sein könnten. Dieser Eindruck
ist jedoch nur oberflächlich, denn die sozialen Spannungen zwischen Arm und
Reich nehmen langsam zu. Das Land ist mächtig und unterliegt einer straffen
Führung. Es ist verbündet mit einem starken Maschinenvolk, das sich durchaus
von Gefühlen leiten lässt und in dieser Hinsicht dem Menschen in nichts
nachsteht und wird zudem noch von dem eher geheimnisvollen Wolkenrat
unterstützt. Die einzige Sicherheit, mit der das Land prahlt, ist eine
einzigartige Luftflotte. Solange die königlich-aerostatische Marine am Himmel
kreuzt, scheint noch alles in Ordnung. Unter der ruhigen Oberfläche brodelt es
gewaltig, denn die unterschwellig herrschenden sozialen Spannungen geraten
zunehmend ausser Kontrolle. Oliver und Molly sind die vorerst Einzigen, die die
Gefahr deutlich zu spüren bekommen. Von Heute auf Morgen werden ihrer beider
Leben auf den Kopf gestellt. Gejagt von unheimlichen, unbekannten Gegnern
begeben sie sich auf eine gefahrvolle Reise.
Fazit
Stephen Hunt bietet mit seinem Roman etwas Neues. Eine phantastische Welt. Nun,
das reicht noch nicht, aber eine Welt, die sich in vielen Dingen Grundlegend von
anderen Erzählungen unterscheidet. Stephen Hunt ist ein Weltenerfinder, der
sich in seiner eigenen Welt verliert. Ihm gelingt es immer wieder, neue
Einzelheiten aus dem Hut zu zaubern und die Leser zu verblüffen. Ich habe eine
grosse Hochachtung vor seinem Universum, dass er für sich entwirft und die
Leser daran teilhaben lässt. Seine fesselnde Welt jedoch leidet unter einer
ansteckend wirkenden Handlungsarmut. Zudem sind seine Figuren, bis auf Molly und
Oliver, nicht gut ausgearbeitet. Ich habe mir immer ein wenig mehr an
Wissenswertem über die beteiligten Personen gewünscht. Im englischen Original
erschienen bereits die Fortsetzungen The Kingdom beyond the Waves, demnächst
als Das Königreich jenseits der Wellen beim Wilhelm Heyne Verlag und The Rise
of the Iron Moon.
Vorgeschlagen von erik schreiber
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veröffentlicht am 04. Juli 2011 2011-07-04 09:52:05