Mehr Schein als Sein macht Schule
Das ist die These der Autoren, wenn sie jene, die klassisch als
"Blender" bezeichnet werden, in den Fokus ihrer Aufmerksamkeit
rücken. Ausgehend von teils auch prominenten Fällen von Hochstaplern, die als
Heiratsschwindler, mit angemaßten Doktor- und Professorentiteln, als Chefärzte
ohne Ausbildung oder als Finanzgurus ohne Geschick fürs Geld durchaus
erfolgreich andere an der Nase herum führen und dies rein zu ihrem
persönlichen Vorteil.
Dass sich "ehrliche Menschen hoch arbeiten und Blender immer schon da
sind", in Zeiten des Plagiats und der wieder einkassierten Doktortitel auch
hochrangiger Persönlichkeiten bekommt das Thema eine hohe Aktualität. Und im
Umkehrschluss, dass dies alles nur die Spitze des Eisbergs ist, verweisen die
Autoren durchaus zu recht und durchaus im Buch begründet nach, dass das
"Blenden" auch in alltäglichen Bezügen massiv um sich greift. Dass
so gut wie jeder in der Gefahr steht, durch das ständige getrieben sein zum
"Klappern der eigenen Vorzüge sich selbst zu inszenieren" und es
häufig dann mit der Wahrheit nicht mehr so genau nimmt, dass ist die
Quintessenz des Buches.
In vier großen Lebensbereichen legen die Autoren ihre Gedanken und Schlüsse
dar. Die Liebe oder wie man ganz große Gefühle simuliert, um ans Ziel zu
kommen. Das echte Verliebtsein lieber vermeidend, denn das würde ja bedeuten,
sich wirklich auszuliefern. Die Arbeitswelt mit ihren Bluffs und Bluffern, in
dem das "Blenden" gar als "Schlüsselqualifikation" im Raume
steht. Die wahren Künstler des Krankfeierns und des Opfer Daseins, die von
Mitleid bis zu handfester finanzieller Unterstützung so einiges an Vorzügen
durch ihre Schauspielkunst erhalten. Im letzten Teil arbeiten sich die Autoren
durch die "Egoakrobatik" hindurch. Visionäre und Titeljäger in
Wissenschaft, Politik und Gesellschaft, deren vermeintliches
"Charisma" samt "Visionen" einzig und allein auf Illusionen
beruhen.
Perfekte "Blender" übrigens, auch das findet man im Buch und kann es
trotz allen Kopfschüttelns nur als Tatsache hinnehmen sind jene, die zu guter
Letzt völlig selbst von ihren Märchen überzeugt sind. Die tatsächlich sich
Kopfschmerzen erzeugen, um beruhigt krankfeiern zu können.
Warum das so ist, wohin das führt, aus welchen Gründen heraus solches entsteht
und wie die Mechanismen des Bluffs und der Blendung funktionieren, auch in fast
jedem der Leser des Buches, dass ist interessant und, zudem, unterhaltsam im
Buch nachzulesen. Desto besser übrigens funktionieren die Bluffs, desto weniger
die Gruppe oder Gesellschaft innerlich zusammenfindet. Die losen Fäden der
Gemeinschaft sind es, die im Bluff hervorragend ausgenutzt werden können, da
kaum jemand über den anderen, den Nachbarn, den Kollegen, noch genügend
fundiertes Wissen besitzt, um einen Bluff frühzeitig enttarnen zu können. Eine
Mischung aus Distanz, Desinteresse und umgreifender Egozentrik begünstig das
"Blenden" ungemein. Im ganz Kleinen, wie sogar auf Staatsebene, auch
hierzu finden sich Beispiele im Buch, ebenso, wie Guttenberg seinen Platz unter
manchen "Blendern" findet. Auch eine Analyse er modernen Gesellschaft
schwingt so hintergründig mit im Buch.
Fazit
Unterhaltsam und fundiert zeigen die Autoren auf, wie sehr der "Bluff"
und die "Blendung" in die Gesellschaft bereits Einzug gehalten haben,
wie sehr gar jene unredlichen "Selbstvermarktungsmittel" als
Voraussetzungen für Karrieren gefordert und gefördert werden. Interessant zu
lesen und durchaus mit einem eigenen Wiedererkennungswert versehen.
Vorgeschlagen von Lesefreund
[Profil]
veröffentlicht am 16. Juni 2011 2011-06-16 12:53:59