Ein moderner Film Noir als Buch
Zugegeben, das grundsätzliche Setting der Geschichte, in dem die Verbindung
aller beteiligter Figuren zugrunde gelegt wird, ist doch äußerst fantasievoll,
unrealistisch und weit hergeholt.
Seit Jahren geht ein Serienmörder seinem tödlichen "Hobby" nach,
bestens versteckt und nie auch nur mit dem hauch eines Verdachtes, dass hier
Morde vorliegen könnten. Und nun beschließt er, es einer Elite Gruppe der
Polizei in Minneapolis ihre Grenzen aufzuzeigen und seine Morde als Morde zu
kennzeichnen. Jene "Hat Squat", deren besonderes Erkennungszeichen das
Tragen von Hüten im Stil der 40er und 50er Jahre ist, von denen jeder Detective
seinen ersten geschenkt bekommt, nachdem er seinen ersten Fall gelöst hat.
Zugleich versucht Eve Wilson wieder ins Leben zurückzufinden. Nach einem
Mordanschlag auf sie, den sie nur knapp überstand, studiert sie nun
Psychologie, betreibt einen "Laden" in der virtuellen Welt des
"Shadowland", hat hier eine Gruppe von Frauen als Probanden für ihre
Forschungsarbeit ausgewählt und muss miterleben, wie diese Frauen nacheinander
dem Serienmörder zum Opfer fallen. Die Ermittlung hat eben jene Hat Squat
übernommen, an deren Spitze Noah Webster steht. Jener Webster, der auf Eve, die
ebenso als Barfrau im bevorzugten Polizistenclub in Minneapolis arbeitet, eine
intensive, männliche und erotische Wirkung ausstrahlt (was auf Gegenseitigkeit
beruht, aber beide wollen "einander mit ihren Problemen nicht zur Last
fallen). Und natürlich gerät Eve zu guter letzt ebenfalls ins Visier des
Mörders. Und ebenso natürlich wird das einander Widerstreben zischen Eve und
Noah Webster keinen dauerhaften Bestand haben.
Sowohl das Motiv des Serienmörders, nun die Polizei zu entzaubern als auch die
von Beginn an ersichtlichen Querverbindungen sind wirklich weit hergeholt.
Hat man sich aber erst einmal auf dieses Setting eingelassen, entfaltet sich der
neue Thriller von Karen Rose als ein temporeiches, hartes, knisterndes und in
Teilen auch erotisches Erlebnis, das folgerichtig aufgebaut seinen Gang nimmt.
Mit der besonderen Duftmarke der Verbindung eines Noir-Krimis (die Hat Squat
erinnert stark an Nick Nolte und seine Mannen in "Nach eigenen Regeln"
oder auch ebenso stark an die Noir Thriller von James Ellroy).
Alle notwendigen Figuren sind vorhanden. Der ehemalige Alkoholiker Webster, der
seinen aufrechten Weg versucht, bei zu behalten, sein Freund und Partner, der
ins hedonistische abgleitende Jack, kaum noch zu halten von Webster, die
verletzliche, aber auch geheimnisvolle Eve, die Detectives und Angehörigen, die
in einer sich auflösenden Welt einander versuchen, Halt zu geben.
Jenes klassische Noir Flair harter Männlichkeit und ehrenvoll getragener Hüte
der 40er Jahre setzt Rose gekonnt in Verbindung mit der modernen Welt.
Alternativleben im Internet, Recherchen durch Google, modernste
Tatortuntersuchungen, ein skrupelloser Mörder, der zu perfiden Mitteln greift,
um die Angst seiner Opfer ins Unermessliche zu steigern.
Fazit
So entfaltet das Buch ein hohes Tempo, eine ganz eigene Atmosphäre aus
Bar-Geräuschen, Flaschengeklirr, zaghafter Annäherung mit fulminanten
Eruptionen und eine packende Mörderjagd auf allen Ebenen, virtuell und real. In
Teilen stark konstruiert wirkend, in der Abfolge logisch aufeinander aufgebaut,
mit zwar stereotypen, aber funktionierenden Figuren und temporeich und klar
geschrieben.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 26. Mai 2011 2011-05-26 14:42:01