Ich habe im Jahre 2001 selber einen Vortrag über Wladimir Putin an der
Kreis-VHS in Offenbach gehalten und war daher überrascht, als - der Vortrag war
bereits fertig geschrieben - ein ähnlicher hoch interessanter Vortrag von
Wolfgang Leonhard, dem bekannten Ostexperten, in Buchform erschien. Leonhard
hielt den Vortrag im Januar 2001 an der Universität in Jena. Er konstatiert,
Putin habe im Gegensatz zur Jelzin-Ära zu einer Stabilisierung beigetragen,
wenn er auch ein kompromissloser harter Mann in der Sache - wenn auch
verbindlich im Ton - sei. Hervorragende Zahlen - besonders über die
Wirtschafts- und Sozialpolitik - wurden leider ohne Quellen angeboten. Auch die
Feststellung, der Föderationsrat sei abgeschafft worden ist so nicht
zutreffend: er wurde lediglich durch das Organ Staatsrat ergänzt. Aber wenn man
von diesen Kleinigkeiten absieht, ist dies ein hervorragendes Buch. Warum? Die -
durchaus kontroverse - Diskussion mit den anderen Teilnehmern der Runde, die z.
T. entgegengesetzte Auffassungen vertreten (insbesondere Irina Scherbakowa und
Gerhard Wettig) haben mir geholfen, das "Rätsel" Putin zu lösen: er
ist ein widersprüchlicher Politiker, der von den einen für undurchschaubar
gehalten wird (Irina Scherbakowa, von anderen als "mehrgesichtig"
dargestellt wird (Gerhard Wettig), von Leonhard als widersprüchlich. Nach der
Lektüre von Reden Putins, die in der
Putin-Biographie von Wolfgang Seiffert
abgedruckt ist, kann ich Leonhards Analyse nur teilen, wenn ich allerdings auch
stärker als Leonhard die negativen Konsequenzen des zweifellos autoritären
Entwicklungsweges betonen würde, den er geht. Leider gibt es keine Quellen für
den Vortrag und dies ist bei einer Universitätsveröffentlichung nicht
entschuldbar. Daher nur 8 Punkte.
Fazit
Auch heute noch sehr lesenswert.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 20. August 2003 2003-08-20 15:11:33