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Colson Whitehead: Der letzte Sommer auf Long Island

Der letzte Sommer auf Long Island

von Colson Whitehead
Verlag: Carl Hanser Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Belletristik
ISBN-13 978-3-446-23644-8

Preis: 9,81 Euro bei Amazon.de [Stand: 22. Dezember 2024]
Colson Whitehead - Der letzte Sommer auf Long Island

Schwarze Jugend in den 80ern

Long Island ist für den New Yorker der ultimative Ort der schnellen Entspannung und Sommerfrische vor den Toren der Stadt. Damals, in den 80ern, sauber getrennt natürlich in den Bereich Long Islands für die vermögenderen weißen Besucher und in jenen Bereich der schwarzen Bevölkerung.
Azurest Beach ist jener Ort, an dem der schwarze Jugendliche Benji mit seiner Familie und einer Vielzahl seiner Freunde, wie seit Jahren bereits, Ferien verbringt. Wobei Benji ebenso ein Kind der Mittelschicht ist, wie so gut wie alle anderen auch, die sich entspannende Tage auf Long Island zu leisten vermögen.

Leibhaftig auferstehen lässt Whitehead die versunkenen 80er Jahre und hier genauer die Jugendkultur jener Zeit. In dahin fließenden Geschichten und Ereignissen fängt Whitehead den Geist dieser Zeit hervorragend auf. Einer Zeit, die im Äußeren durchaus eher noch sorglos vonstatten ging. Pleiten, Krisen, Untergang des Abendlandes, alles noch weit entfernt, der Glaube an das wirtschaftliche Wohlergehen noch tief verwurzelt und weit verbreitet, auch bei der gesetzten schwarzen Mittelschicht des Landes.
Raum genug also, dass die wirklich wichtigen Fragen des Lebens vor Augen gerückt werden können. Welche Sneakers man als Teenager wirklich haben muss und wie diese zu pflegen sind. Wie man sich begrüßt, um zu zeigen, dass man Teil der Gruppe ist ("Er streckte Bobby die Hand entgegen und ich wurde Zeuge einer nur verschwommen wahrnehmbaren Choreographie").
Wie das ist mit der ersten Ahnung von Liebe, wenn man gerade erst an der Schwelle steht, zu den coolen Jungs irgendwann dazuzugehören. Wer hat die schärfsten Klamotten? Wer die neueste, angesagte Musik?

Wunderbar entspannt schreibt Whitehead und ihm gelingt, über das konkrete Flair der Zeit und über die konkrete Lebenswirklichkeit schwarzer Jugendlicher der 80er Jahre (Hip Hop und Rap kommen gerade groß in Mode) eine Ahnung von dem zu vermitteln, was zu allen Zeiten die Blütephase der Jugend in sich trug. Momente der Selbstfindung, der inneren Weichheit, die noch keine harte Schale sich angewöhnen konnte, Romantik in der Eisdiele, die fast die Welt bedeutet, Herzklopfen beim Anblick eines weiblichen Busens, Tagträume und Abhängen mit den Jungs. In malerischer, sommerlicher Kulisse. Auch das natürlich, die Abenteuerlust, die aus Kindertagen noch drinsteckt, die ersten Erprobungen, "gefährlich" zu sein, souverän, lässig. Bobby, der eine Waffe erstanden hat. Vorbote einer gewalttätigen Zeit, denen einige der Figuren noch verfallen werden, in späteren Jahren. Auch Gangs entstanden zu Beginn der 80er Jahre, Gangs, die eher linkisch kopiert werden, ein Slang, den man sich eher noch befremdlich angewöhnt und auf der Zunge zergehen lässt. Vorgriffe auf die Zukunft, denen Benji eher interesselos gegenübersteht. Die Waffe löst nichts aus bei ihm, warum auch?

Wie das Alter der Protagonisten selbst eines zwischen Unschuld und Verantwortung ist, so sind auch die "schwarzen" 80er Jahre von Whitehead in diesem Impetus hervorragend getroffen. Am Vorabend stärker werdender, sozialer Missstände. Jahre, in denen sich entwickelte, was bis heute gerade im Amerika der Großstädte das Straßenbild ganzer Stadtviertel dominiert und als Gangwesen gefährliche Verbreitung gefunden hat.

Noch aber ist es wichtiger, wer sturmfreie Bude hat, bei wem es sich gut abhängen lässt und mit wem zusammen man eine Ahnung vom wilden und erwachsenen Leben entwickeln und erfahren kann.
Fazit
Unbeschwerte Tage, an deren Horizont das erwachsene Leben aufscheint und weitaus gefährlichere Entwicklungen der schwarzen Jugend sich ankündigen. Tage, deren Flair von Colson Whitehead wunderbar eingefangen wurde. Eine lesenswerte Reise in die Vergangenheit.
9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne

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Vorgeschlagen von Lesefreund [Profil]
veröffentlicht am 27. April 2011

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