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Egmont R. Koch: Die CIA-Lüge. Folter im Namen der Demokratie

Die CIA-Lüge. Folter im Namen der Demokratie

von Egmont R. Koch
Verlag: Aufbau Verlagsgruppe [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Politik
ISBN-13 978-3-351-02658-5

Preis: 6,46 Euro bei Amazon.de [Stand: 23. Dezember 2024]
Die USA, die zu Beginn des Zweiten Weltkrieges so gut wie keinen Geheimdienst hatten, verfügten gegen Ende der militärischen Operationen gegen Deutschland 1945 über einen wissenschaftlichen und praktisch-interventionistischen Geheimdienstapparat. Er exerzierte die Durchdringung Deutschlands militärisch über ins Reich eingeschleuste mit Sabotageaufträgen versehene Agenten sowie politisch-geistig über theoretische Richtlinien in Form von verfassungspolitischen Analysen. Das Office of Strategic Services (OSS), Vorläufer der Central Intelligence Agency (CIA), besorgte seit 1943 über die am Institut für Sozialforschung Max Horkheimers wirkenden deutschen Emigranten Franz L. Neumann, Otto Kirchheimer und Herbert Marcuse regelmäßig OSS-Deutschlandberichte. Diese Autoren schrieben für die Geheimarchive einer Macht, zu deren Mitverwaltern sie recht schnell wurden, um die Rekonstruktion deutscher Demokratie nach dem Muster des Parteienpluralismus mit ‚antifaschistischer’ Ausrichtung zu erwirken.

Alfons Söllner, Herausgeber der OSS-Dokumente, stellt in seinem Vorwort über die Demokratiekonzeption des OSS, welche die spätere Militärregierung zur Richtlinie nehmen sollte, fest: "[A]ls Mittel der Politik stand sie in einem Gegensatz zum Ziel einer authentischen deutschen Demokratie." Bereits 1944 wurde von der Research & Analysis Branch (R & A) des OSS folgende für den Umgang mit politischen Parteien ausdrückliche Maxime ausgegeben: "Das Prinzip der Gleichbehandlung aller politischen Parteien wird sich in Deutschland nach dem Krieg nicht sogleich anwenden lassen." (Research & Analysis Branch des Office of Strategic Services 1944: Leitfaden für die Zivilverwaltung. Politische Leitsätze zur Rekonstruktion alter Parteien und zur Gründung neuer Parteien in Deutschland, R&A Nr. 1655.1, Dokument IV.1)

Von zentraler Bedeutung für die zukünftige amerikanische Außenpolitik ist der Raum Eurasien - Europa und Asien. Ziel ist es, die politische und wirtschaftliche Entwicklung Eurasiens in seinem Sinne mitzugestalten und eine antiamerikanische Allianz eurasischer Staaten zu vermeiden. Bestimmend in den Medien der Gegenwart sind Meldungen, die Menschen aus genau jenem Teil der Welt betreffen: Guantanamo und Abu Ghraib - zwei Namen, die für unfassbare Vorwürfe an die US -Regierung wegen Menschenrechtsverletzungen stehen.

Was bisher neben der Forschung über den Ursprung der deutschen Nachkriegsdemokratie und ihre Wurzeln in den Entwürfen des CIA kaum beachtet wurde, ist, daß auch die brutalen Verhörmethoden der CIA sich nachweislich auf deutsche Erkenntnisse aus Menschenversuchen und auf weitere Erkenntnisse der Deutschen des Dritten Reiches zum Thema Folter zurückverfolgen lassen. Bis in die 60er Jahre hinein und auf deutschem Boden perfektionierte der amerikanische Geheimdienst nicht nur seine politische Infiltration in Deutschland, sondern zudem die grausame Verhörpraxis der Nationalsozialisten und schrieb sie in einem Folter-Handbuch fest, das heute wieder verstärkt Anwendung findet.

Das vorliegende Buch analysiert diesen Skandal von ungeahntem Ausmaß. Das Ergebnis ist nichts für sensible Gemüter. Der realistisch beschriebene Stoff enthüllt Tatsachen, die das historische Bild der Nachkriegs-Verflechtung zwischen Deutschland und den USA entlarven und komplettieren. So enthüllt dieses Buch Fakten, die eine Schmach für die USA sind.

Eine "Erklärung der Rechte der Völker" wurde am 4. Juli 1976 in Algier verabschiedet. Sie sieht vor, daß "ein jedes Volk ein Recht auf die Achtung seiner nationalen und kulturellen Identität hat", daß "jedes Volk seine politische Verfassung völlig frei bestimmen kann", daß es "das Recht hat, eine Sprache zu sprechen, seine Kultur zu bewahren und zu pflegen." Das kollidiert mit der klassischen Menschenrechtslehre. Sie dient als ideologisches Alibi, um Machenschaften zu rechtfertigen, die gegen das Selbstbestimmungsrecht der Völker, mehr noch, gegen die Würde des Menschen verstoßen können. Kein Begriff ist an sich universell. Die menschliche Gattung bietet eine Vielzahl von diskursiven Universen. Kulturen, denen der liberale Individualismus fremd ist, sind für Menschenrechte nicht empfänglich. Die Menschenrechtsehre ist eng an eine bestimmte historische Periode gebunden, was die Universalität unglaubhaft macht, offenbar aber nicht davon abhält, dieses moralische Schutzschild zum Mißbrauch zu verwenden. Davon zeugt einmal mehr das vorliegende Buch.

Die realistisch-brutalen Schilderungen von Gefolterten sind schwer zu glauben, aber nötig, um Empörung über das Unrecht zu erzeigen, das die abgetretene Regierung Bushs zu verantworten hat. Das Buch Egmont R. Kochs, investigativer TV-Dokumentar, zeichnet sich dadurch aus, daß es nicht lediglich anklagt, sondern durch akribische Quellenarbeit tatsächlich überzeugt und beweist, daß es sich bei den Folterungen in Abu Ghraib und Guantanamo nicht um Einzelfälle sondern um strukturell angelegte Vorhaben handelt. Dokumente, Quellen und Fotos der beteiligten Personen entlarven, wie CIA und Militär amerikanische Wissenschaftler und deutsche Wissenschaftler für sich instrumentalisierten. Sehr spannend ist ein Foto, welches Insassen des KL Gotha zeigen, die dem US-Oberbefehlshaber General Dwight D. Eisenhower demonstrieren, mit welchen Methoden in Deutschland gefoltert wurde. Als Eisenhower 1953 US-Präsident wurde, ließ er deutsche Foltermethoden systematisch erforschen, um sie im Kalten Krieg nutzen zu können.

Das Buch ist ein erschreckender Befund, der das Prinzip "Menschenrechte" einmal mehr unglaubhaft macht. Wenn diese Rechte schon immer da und Teil der Natur seien - wie oft behauptet - dann ist es verwunderlich, daß sie nur von einem winzigen Teil der Menschheit entdeckt wurden und dieser Teil der Welt weltweit Mißbrauch damit treibt. Neben den spannenden Erkenntnissen, die der Autor darbietet, bilanziert der Leser zudem für sich selbst folgendes: Jeder Universalismus tendiert dazu, Unterschiede nicht wahrzunehmen. Ebenso sind die Menschenrechte offenbar nicht dazu geneigt, kulturelle Vielfalt anzuerkennen oder die Achtung vor jedem Menschen zu konstituieren, sondern vorrangig die der westlichen Kultur, und zwar mit allen denkbaren Mitteln, die oftmals nichts weiter als die Fortsetzung des kolonialen Syndroms darstellen.
Fazit
Kochs Buch über die "kreativen Verhörtechniken" und ihre Geschichte ist ein überfälliges Werk.
10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne

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Vorgeschlagen von Daniel Bigalke [Profil]
veröffentlicht am 01. Februar 2009

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