Zellatmung
Ein wenig irritiert lässt es zurück, dieses zunächst sehr speziell wirkende
Buch zu einem sehr speziellen Thema. Schon der Titel führt den biochemisch
unkundigen Leser ein wenig in die Irre.
Es geht im Buch nicht um Feuer im direkten Sinne, auch nicht um abstrakte Formen
eines "Feuers der Leidenschaft" oder ähnlichem. Kern der Darstellung
von Schatz ist die Geschichte der biochemischen Theorie der
"Chemiosmose", die erklärt, wie Zellen durch bestimmte, biochemische
osmotische Vorgänge Energie (Feuer) erzeugen.
Also ein rein wissenschaftliches Buch zur Biochemie, dass maximal einige wenige
Forscher interessiert? Dies trifft auch nicht zu, denn Schatz bietet auf den
knapp 220 Seiten seines Buches nicht nur eine wissenschaftliche Darstellung der
Theorie der Wandlung von ADP in den Energieträger ATP, sondern zudem auch
intensive Blicke auf führende Forscherpersönlichkeiten, ihren Anteil zum
Thema, auf Wissenschaftsstreit und den langen Weg zur Verifizierung der Theorie.
Eine Welt, der Gottfired Schatz selbst mit federführend als Chemiker angehört.
Im Zuge der Geschichte der lange Zeit umstrittenen Theorie der Chemiosmose
erhält der Leser somit auch Einblick in die beteiligten "Großen" der
Biochemie, in den inneren Antrieb eines Forschers und, zu guter letzt, legt
Schatz auch eine exemplarische Geschichte der Entwicklung der
Naturwissenschaften im letzten Jahrhundert mit vor, innerhalb derer er
erläutert, wie es dazu kam, dass die lange führende europäische
Naturwissenschaft gegenüber vor allem der amerikanischen Forschung so stark ins
Hintertreffen geraten konnte.
Abgesehen also vom eigentlichen Thema, findet sich eine anregende Lektüre über
die wissenschaftliche Entwicklung der Nachkriegszeit in Europa, werden
wegweisende Forscherpersönlichkeiten dem Vergessen entnommen und geschieht dies
alles zudem in einem informellen, legeren, Sprachstil, der eher einem Essay denn
einem Fachbuch gleicht.
Dem entspricht in Stil und Ausrichtung bereits der Einstieg ins Buch, der von
Schatz sehr persönlich gehalten wird und den Weg des Buches fast schon vorgibt.
Schatz spricht von sich und seiner Welt und ermöglicht gerade durch diese
persönliche Darstellungsform auch breiten Leserkreisen einen Zugang zu dieser
Welt.
Und zu einem guten Teil von allgemeiner Zeitgeschichte und Prägung einer ganzen
Generation durch den Krieg und die Folgen eines zerstörten Europas, um zu
verstehen, wie mit dem Blick zunächst auf Österreich eine lange, geistige
Lähmung im Raume stand.
Fazit
Das Buch bildet eine Mischung aus persönlichen Erinnerungen, Portraits von
Wissenschaftlern, vollzieht die Geschichte der Theorie der Chemiosmose nach und
zeigt die Entwicklung zur lange Zeit vorherrschenden Stellung Amerikas im Rahmen
der naturwissenschaftlichen Forschung auf. An (wenigen) fachlichen Stellen hoch
wissenschaftlich dargestellt, im allgemeinen eher in Form eines legeren Essays
daherkommend. Dennoch letztendlich im Thema ein stückweit zu speziell, um
wirklich breites Interesse hervorzurufen
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 01. April 2011 2011-04-01 13:04:44