Nathalie zum Zweiten
"Vermutlich lag es am Kreislauf, an ihren zitternden Knien, dass sie das
Gefühl hatte, die Landschaft nur in unscharfen Umrissen zu sehen".
Zumindest aber drücken die zitternden Knie den Gefühlszustand von Natalie
Cottard hervorragend aus. Nachdem sie im Vorgängerroman eine "Ahnung der
Liebe" erhalten hat, hat sie nun den Mut aufgebracht, mit ihrem Robert ein
erstes Mal gemeinsam in Ferien zu fahren. Wer sich noch erinnern kann, wie
schwer sich Nathalie, die Pariser Buchhändlerin im Beginn des mittleren Alters,
mit der Annäherung an Robert im letzten Roman tat, der ahnt, dass ihr da nun
leicht die Knie zittern können.
Aber gut wäre es es, dieser Urlaub, auch, um sich selbst zu prüfen und zu
sehen, wie weit man miteinander käme. In diesem Urlaub zumindest erst einmal
nicht sehr weit, denn Robert wird von der Arbeit gerufen, nicht nur nach Paris
zurück, nach Deutschland wird er versetzt.
Und nun? Nun steht mit Robert zunächst nur eine Fernbeziehung im Raum. Viel zu
wenig Zeit, um das alles nachzuholen, zu erleben, in sich aufzunehmen, was in
langen Jahren vorher an männlicher Gegenwart versäumt worden war. Ob das
überhaupt gut gehen kann?
Um diese Themen letztlich kreist dieser Roman von Rainer Moritz.
Liebesflüstern, Sex, dahinhuschende Zeit, einander vertraut werden und doch
fremd bleiben, eine Fernbeziehung erleben und sehen, ob es funktionieren kann.
Themen, die vielen Menschen um die 40 nicht fremd sein dürften in Zeiten
erwarteter Mobilität und vielfacher Neuanfänge auch in Sachen Liebe (die
Scheidungsraten sprechen ja für sich, das Suchen und Finden neuer Beziehungen
ist nicht mehr an eine Jugendzeit gebunden)
Damit füllen sich die Seiten des Buches. All dies aber sind nicht unbedingt
Themen, die wirklich neues in den Raum zu setzen vermögen. Auch wenn sich das
Buch flüssig und angenehm liest, was genau von der Lektüre übrig bleiben
wird, ist unklar. Sicher bildet Paris einen immer noch wunderbaren Hintergrund
für eine romantische Geschichte, Paris Kenner werden vieles an Örtlichkeiten
wiedererkennen, bildkräftig vermag Rainer Moritz die Stadt selbst mit ins
rechte Licht zu rücken.
Ansonsten aber finden sich im Roman doch eher Allerweltsthemen von sich
verliebenden und eine Beziehung mit allen Umwegen angehenden Menschen in den
vierziger Jahren ihres Lebens. Eine Geschichte vom Suchen und Finden, die durch
die kleinen Marotten vor allem der Figur der Nathalie nur mäßig aufgelockert
werden. Eine Geschichte, die zum Ende des Buches hin dennoch die Weichen für
eine mögliche Fortsetzung zu einem weiteren Kapitel des fortschreitenden
Paar-Werdens stellt.
Fazit
Schön geschrieben, angenehm zu lesen, aber ohne wirkliche Aha-Effekte oder neue
Einsichten bietet das Buch eine sicherlich angenehme Unterhaltung, aber nicht
unbedingt mehr. Immerhin verbleibt, das auch im leicht vorrückenden Lebensalter
eine Liebe noch entstehen, wachsen und zusammenfinden, gar zusammenbleiben kann.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 25. März 2011 2011-03-25 13:48:03