Eine Ent-Täuschung
Daniel Domscheit-Berg ist enttäuscht. Vor allem und in erster Linie von Julian
Assange, mit dem er zu Zeiten eng befreundet war und dessen
Enthüllungsplattform WikiLeaks er mit Leidenschaft und Eifer mit bearbeitet
hat. Das ist eine wichtige Information zu Beginn, denn selbstverständlich
beeinflusst diese innere Enttäuschung in vielfacher Hinsicht den Duktus und die
Atmosphäre des Buches.
Dennoch aber legt Daniel Domscheit-Berg einen hochinteressanten und
detailreichen Einblick in die Welt hinter der Internetseite vor, der vieles der
selbsternannten, modernen Robin Hood Haltung im Blick auf verdeckte
Informationen durchaus entmythisiert und die handelnden Personen, allen voran
Assange, intensiv beleuchten. Diese Passagen sind aber mit der gebotenen
Vorsicht zu genießen im Wissen um die zerbrochene Freundschaft der beiden.
Interessant ist das Buch auch in Hinsicht der Erläuterungen Daniel
Domscheid-Bergs zu seiner eigenen Haltung völliger Transparenz von
Informationen.
Hier spürt man die tiefe Überzeugung und Leidenschaft, die den jungen Daniel
damals zu WikiLeaks brachte, in der seine fast Verehrung von Assange begründet
liegt und die ihn auch zur weiteren Arbeit nun mit neuen Projekten motiviert
(openleaks.org).
Dies sind, hinter den vordergründigen Enthüllungen und der spürbaren
Enttäuschung Assange gegenüber die eigentlich starken Momente des Buches.
Momente, in denen verständlich und einsichtig wird, was zumindest Domscheid
Berg antreibt und welches überzeugte (und überzeugende) Wertgefüge hinter der
Arbeit von WikiLeaks auch zu finden war.
Nichts weniger als der Versuch, eine bessere Welt zu schaffen hatte
Domscheid-Berg mit Julian Assange zusammengebracht, einer transparenten Welt, in
der eben nicht wenige Mächtige die Entscheidungen sich anmaßen, welche und wie
viel Informationen "die Welt da draußen verträgt". Höchst
erfolgreich hat WikiLeaks hier in den letzten Jahren Lücken in den Deckmantel
geschlagen und, wie bekannt, vielfach hochbrisante und erschreckende
Informationen veröffentlicht.
Immer mit dem Ziel, wie zu Zeiten der Entwicklung des
Zugangsbeschränkungsgesetztes auch im Kontakt mit Ursula von der Leyen, den
laufenden Prozess mit zu gestalten und nicht im nachhinein ständig Kritik zu
üben. Hier gibt das Buch im Übrigen häufig sehr detailliert Auskunft über
den Weg der Informationserlangung und der Informationsverwertung. Ebenso
interessant zu lesen ist, dass WikiLeaks scheinbar auch in seiner
"großen" Zeit im Kern nur aus zwei Personen Bestand, Assange und
Domscheid Berg. Dies hatte gerade Assange öffentlich mehrfach ganz anders
dargestellt. In der Arbeitsweise und Zielrichtung von WikiLeaks spielt dies aber
letztendlich keine große Rolle, wie viele am Projekt federführend beteiligt
waren. Wohl aber im Rahmen de Prüfung der Echtheit jeden Materials. Das die
Echtheit zugespielten Materials nur aufgrund einer Prüfung durch Assange und
Domscheit-Berg dann freigegeben wurde ist ein Vorgehen mit samt der damit
einhergehenden Täuschung der Öffentlichkeit, dass nicht nur Domscheit-Berg
nach eigener Aussage belastete. Gerade in Bezug auf das Projekt Wikileaks, dass
sich ab 2009 auf die Fahnen geschrieben hatte, mit allen technisch möglichen
Mitteln gegen jede Form der Internetzensur und, erweiternd, gegen jede Form von
"geheimen" Informationen im Sinne des öffentlichen Interesses
vorzugehen. Dazu braucht es eine größere Schar an Mitwirkenden, Rechercheuren
und belastbarere Prüfungen sensiblen Materials, als dass es die beiden
Betreiber zu Zeiten gewährleisten konnten. Und eine eigene Transparenz, um
glaubwürdig zu sein und zu bleiben.
Die Reaktionen der anderen Seiten, allen voran der amerikanischen Justiz,
WikiLeaks und seine Betreiber aus dem Spiel zu nehmen sind ebenfalls Thema des
Buches, ebenso wie eine ausführliche Darstellung der zunehmenden Distanz des
Autors zu Julian Assange.
Fazit
Daniel Domscheit-Berg hat ein höchst persönlich gefärbtes Buch geschrieben,
das in dieser persönlichen Färbung seine Stärken und Schwächen zugleich
findet. Vieles muss vom Leser sorgfältig darauf bedacht werden, dass hier nur
eine Seite der Geschichte zu hören ist und diese durchaus sich auch aus
verletzten Gefühlen speist. Zum andern aber liest sich Buch hochspannend als
ein kenntnisreicher Bericht aus der Welt hinter den Kulissen eines Projektes,
dass mehrfach für weltweites Aufsehen sorgte. Allemal ein gute Grund für eine
intensive Beschäftigung mit dem Buch.
Vorgeschlagen von Lesefreund
[Profil]
veröffentlicht am 18. März 2011 2011-03-18 12:02:56