"Das Wunschspiel" von Parick Redmond gehört zu den besten Thrillern,
die ich je gelesen habe. In einem englischen Elite-Internat sterben 1954 mehrere
Schüler und ein Lehrer. Warum? Was sind die Hintergründe dieser Tat? Ein
Journalist stößt bei seinen Recherchen auf eine unglaubliche Geschichte:
Richard, ein einsamer, als gefühlskalt und hochintelligent beschriebener Junge
lehnt sich gegen die menschenverachtenden Gesetze in einem Internat auf. Er wird
von seinen Altersgenossen bewundert, doch ignoriert er sie. Doch spürt er mit
psychologischem Falkenblick, dass es einen weiteren Einzelgänger gibt, der
ebenfalls unglücklich über die Internatsatmosphäre ist: Jonathan. Es
entwickelt sich eine gefährliche Freundschaft: mit demagogischer Kraft
überzeugt Richard Jonathan, sich gegen seine Unterdrücker aufzulehnen: die
Folgen sind katastrophal...
Ich habe selten einen so spannenden Psychothriller gelesen wie den vorliegenden
Roman und konnte ihn nicht beiseite legen, bis ich ihn ausgelesen hatte. Die
Spannung wird subtil aufgebaut und steigt mit jeder Seite an. Die Charaktere
sind glaubwürdig dargestellt - mit ihren Stärken und Schwächen; man kann sich
die Personen plastisch bildhaft vorstellen.
Redford erweist sich in seinem Erstling in der Tat als "genialer Beobachter
jener psychologischen Kräfte, die Menschen zu Dämonen werden lassen"
(Verlagszitat zu dem zweiten Roman: "der Schützling.")
Mir ging es so: nachdem ich das Buch zu Ende gelesen hatte, dachte ich
zeitweise, der Autor habe diese Schilderungen nicht erfunden, sondern sie
beruhten auf realen Geschehnissen, die dann selbstverständlich von dem Autor
ausgeschmückt wurden. Genau dies ist das Beunruhigende an dem Thriller:: es
geht hier nicht nur um die Überwindung von Einsamkeit und die Suche nach
Freundschaft (Thema des genialen Romans: "Der große Meaulnes" von
Alain Fournier), um Spiritismus (der am Ende vielleicht etwas aufgesetzt wirken
mag) und um Verurteilung eines menschenverachtenden Internatssystems (dies kennt
man ja schon aus Romanen wie: "Der Schokoladenkrieg" von Robert
Cormier); es geht ganz konkret um die Frage: welche diabolischen und bösen
Kräfte stecken in jedem Menschen und was geschieht, wenn diese sich aufgrund
von erlittenen Demütigungen und Minderwertigkeitskomplexen duchsetzen; wenn
also der Rachegedanke für die wahrgenommenen Ungerechtigkeiten überhand nimmt.
Was passiert, wenn das Böse im menschlichen Charakter unkontrolliert und
ungehemmt schalten und walten kann - mit zerstörerirscher Kraft (man denke nur
an den Kinofilm "Das Experiment" mit Moritz Bleibtreu oder an
Greueltaten wie in Ausschwitz).
Diese Fragen haben mich beunruhigt und sie werden durch die ausgesprochen
spannende und realistische Charakterzeichnung noch verstärkt. Solche
beklemmenden Fragen stellt der Leser sich doch nur, wenn ihn ein Buch zum
Nachdenken bringt.
Ich habe mich nicht bequem ins Sofa zurückgelehnt; mich hat das Buch durchaus
beunruhigt und nicht mehr "losgelassen". Wenn dies ein Thriller
erreicht (und ein Thriller soll ja konkret Spannung und Gänsehaut erzeugen), so
ist er meines Erachtens überzeugend - und dies kann ich von diesem packend und
eindringlich geschriebenen Buch uneingeschränkt sagen.
Fazit
Spannende und packende Leselektüre.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 17. August 2003 2003-08-17 22:27:43