Lebendig einbalsamiert
Überraschenderweise erschließt sich bereits auf den ersten Seiten dieses
Debüts von Todd Ritter, dass er zwar nicht das Genre neu erfindet, durchaus
aber eine persönliche Note im Blick auf die Grundidee des Buches als auch auf
seine Gestaltung der Protagonisten zu setzten vermag.
Die beschriebene und in der Atmosphäre hervorragend umgesetzte Art des Tötens
jenes Serienkillers, der im Mittelpunkt der Fahndung des Buches stehen wird,
führt augenblicklich hinein in eine beklemmende und düstere Welt. Düster für
jene, die der Killer sich auswühlt, aber auch für jene beschauliche
Kleinstadt, in der er sein Unwesen treibt.
Zunächst wird ein alter Farmer einbalsamiert in einem groben Sarg gefunden,
dann stellt sich heraus, dass der Killer seine Morde exakt 30 Minuten vor
Vollzug per Fax ankündigt und zu guter letzt haben die Protagonisten des Buches
über lange Zeit überhaupt keinen Anhaltspunkt, wer der Mörder sein könnte.
Ebenso wenig übrigens wie der Leser. Es dauert bis über die Mitte des Buches
hinaus, bevor erste Personen in den Blick geraten, die einen Verdacht auf sich
ziehen. Ebenso scheint der Fall mehrfach bereits gelöst zu sein, bevor Kat
Campbell, der weibliche Sheriff der kleinen Stadt, mit ihren Helfern (samt dem
Leser) merkt, dass all diese Spuren und vermeintlichen Geständnisse ins Leere
laufen. Ins Leere laufen müssen, da erst ganz zum Schluss deutlich wird, warum
jene Personen auf so grausame Weise ermordet wurden. Bis dahin sind einige
beklemmende Szenen zu überstehen, unter anderem die packend geschilderte Szene,
lebendig begraben zu werden.
Auch wenn letztlich das Motiv und die noch früher liegenden Ursachen für die
Morde nichts Neues im Rahmen eines Serienkiller Profils darstellen, versteht es
Ritter doch, dies alles in einen frischen, neuen Zusammenhang zu bringen und mit
Blick auf die Bestatterzunft hier auch neue Akzente zu setzen.
Ebenso differenziert zeichnet er seine Figuren, die durchweg nicht dem Bild
eines klassischen Helden entsprechen, sondern alle Brüche in ihrer
Vergangenheit aufzuweisen haben, die im Laufe des Buches je eine tragende Rolle
spielen werden. Sei es die junge Polizistin Kat, die mit ihrem behinderten Sohn
versuch, ein gutes Familienleben trotz der Ansprüche der Arbeit aufrecht zu
erhalten, sei es Nick, der Bundespolizist, der aus ganz eigenen Motiven heraus
Serienkiller jagt und zu verstehen versucht, sei es Henry, der Mann mit der
auffälligen Narbe, der sich in die kleine Stadt und als Nachrufschreiber des
Provinzblättchens zurückgezogen hat, um seiner Vergangenheit zu entkommen. Was
ihm zu guter Letzt ebenso wenig gelingen wird, wie Kat und Nick nicht unversehrt
diesen Fall überstehen werden.
Ein interessantes Ambiente, in dem Ritter seine Geschichte ansiedelt,
lebensechte Personen, die die Geschichte vorantreiben, undurchschaubare
Verhältnisse, wenig Verdächtige, alles in allem eine gut und flüssig
erzählte, atmosphärisch in Teilen dichte Verbrecherjagd, die durchaus zu
unterhalten weiß. Einige Längen, leichte Abbrüche nach der Hälfte des Buches
und ein doch sattsam bekanntes Grundmotiv des Killers schmälern das
Lesevergnügen leicht, aber nicht entscheidend.
Fazit
Ein interessantes Ambiente, in dem Ritter seine Geschichte ansiedelt,
lebensechte Personen, die die Geschichte vorantreiben, undurchschaubare
Verhältnisse, wenig Verdächtige, alles in allem eine gut und flüssig
erzählte, atmosphärisch in Teilen dichte Verbrecherjagd, die durchaus zu
unterhalten weiß. Einige Längen, leichte Abbrüche nach der Hälfte des Buches
und ein doch sattsam bekanntes Grundmotiv des Killers schmälern das
Lesevergnügen leicht, aber nicht entscheidend.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 30. Januar 2011 2011-01-30 17:44:45