Peter H. Schulze hat hier eine sehr informative Lebensbeschreibung der
ägyptischen Königin der 18. Dynastie vorgelegt, die naturgemäß anhand der
fehlenden Quellen lückenhaft bleiben muß. Machtstellung des Pharaos im alten
Ägypten, seine gesellschaftliche, außen- und innenpolitische Entwicklung über
1500 Jahre bis zur 18. Dynastie wird nachgezeichnet. Auch neuere
Forschungsergebnisse wurden eingearbeitet. Leider ist diese ausgezeichnete
Arbeit auf dem Forschungsstand von 1975, da die Erstausgabe bereits 1976
erschienen ist.Für mich am interessantesten: Schulze widerspricht vehement den
Annahmen der meisten Ägyptologen, ihr Stiefsohn, Mitregent und Nachfolger
Thutmosis III. sei für das Auslöschen ihres Andenkens verantwortlich. Obwohl
auch Schulze mangels Quellen keine näheren Angaben über die Art und Weise des
Machtwechsels im Jahre 1468 v. Chr. machen kann (er vermutet in Anlehnung an
einen anderen Ägyptologen einen natürlichen Tod Hatschepsuts), vermutet er,
Amenophis III., der Vater Echnatons, habe - unter dem Einfluß seiner Gemahlin
Teje - Hatschepsut zur "Unperson" werden lassen. Seine Begründung im
Einzelnen kann hier nicht nachgezeichnet werden, sie ist für eine kurze
Rezension zu kompliziert. Zumindest kann er seine Gründe belegen - und dieser
ist in erster Linie der Beleg, dass die Auslöschung Hatschepsuts, die noch von
Beamten unter Amenophis II. erwähnt wird, erst nach Thutmosis Regierungszeit
erfolgt sein kann. Außerdem sei Thutmosis ein starker und kein schwacher und
unsicherer Regent gewesen. Mord spreche für massive Unsicherheit des
Nachfolgers und scheide somit vermutlich aus. Außerdem sei Hatschepsut keine
Ursupatorin gewesen; sie habe nach ihrer Thronbesteigung keine eigene Zählung
des ägyptischen Kalenders (wie es bei Thronwechseln üblich war) eingeführt.
Warum sie sich allerdings - im Gegensatz zu starken Vorgängerinnen in der
ägyptischen Geschichte, die Schulz auch erwähnt, zur Pharaonin krönen ließ
und sich nicht damit begnügte, Regentin zu bleiben, darauf gibt Schulze keine
befriedigende Antwort.Insgesamt ein sehr lesenswertes Buch mit interessanten
Thesen, die mangels Quellenlage allerdings nicht ausreichend belegt werden
(können), was Schulze souverän zugibt. Außerdem muss bedacht werden, dass das
Buch auf dem Forschungsstand von 1975 basiert. Allerdings erscheint mir seine
oben diskutierte These von Hatschepsuts Verschwinden und Auslöschung durchaus
plausibel zu sein und dürfte die weitere Forschung zu dem Thema anregen.
Fazit
Daher meines Erachtens auch heute noch ein wichtiges Standardwerk zu
Hatschepsut.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 11. August 2003 2003-08-11 21:19:39