Umdenken und Glück ernten
Russ Harris, Arzt, Coach, Psychotherapeut und weltweit tätiger Ausbilder für
Psychologen und Therapeuten legt mit seinem Buch einen deutlichen und
erkennbaren Gegenentwurf zu den vielen, gängigen und oft sehr kurz gegriffenen
Glücksratgebern vor.
Vor allem die, zu Zeiten weit verbreitete, Form des "positiven
Denkens" war Anlass für ihn, sch mit der Materie fundiert und, vorweg
gesagt, äußerst kompetent auseinander zu setzen.
Die gängige Vorstellung, dass der Mensch selber "seines Glückes
Schmied" sei, letztlich nur die "richtige" Methode zu finden und
zu verfolgen habe, setzt den Erkenntnissen Russ zu Folge vor allem das Risiko in
den Raum, für jedes Scheitern auch wiederum sich selber die Schuld geben zu
müssen.
Ein Vorgang, der nicht nur kontraproduktiv ist, sondern, vor allem, nicht nötig
im Raume steht. Ganz im Gegenteil zu weit verbreitet behaupteten Konzepten, dass
Glück zunächst Arbeit im Sinne der Ausmerzung eigener Schwächen und Fehler
bedeutet, entwickelt Russ (und legt dies im buch dar), ein Konzept, das vor
allem darauf beruht, die eigenen Fehler und Schwächen, das eigene Versagen und
die eigenen Unzulänglichkeiten anzunehmen und auf diesem eher indirekten Wege
zum Glück zu finden, statt es zwingen zu wollen.
ACT (Akzeptanz und Commitment Therapie) folgt der Erkenntnis, dass niemand gegen
sich selbst zu leben vermag. Lebt man aber mit sich und den eigenen Stärken und
Schwächen, folgen konstruktive Verhaltensänderungen fast von selbst und eine
positive Lebensgrundhaltung stellt sich ein. Ähnlich wie die Variable der
bedingungslosen Akzeptanz im Rahmen der Gesprächstherapie nach Carl Rogers
setzt Russ somit vor allem auf die konstruktive Entwicklungsrichtung des
Organismus, die durch Akzeptanz des Standes der Dinge ihre Kraft zur
Veränderung beginnt, frei zu setzen. Dies basiert auf der, mittlerweile
durchaus breiter bekannten, Haltung der Achtsamkeit, die sich zum Ziel setzt,
oft unbewusste Vorgänge im eigenen Inneren ins Bewusstsein zu heben und
achtsam wert zu schätzen.
Erst wenn, oft unnötiger und künstlich erzeugter, Stress mit sich selbst
befriedet wird, ist der Weg für ein sinnvolles und erfülltes Leben offen. Dies
die Kernthese des Buches.
Eine These, die Russ in vielfacher Hinsicht praktisch nutzbar zu gestalten
versteht.
Beileibe keine theoretische Abhandlung ist es, die er vorlegt, sondern in Form
und Stil ein einfach verständliches und zur Eigenarbeit anregendes Buch. Die
erläuternden Teile des Buches sind in einfacher und leicht verständlicher
Sprache gehalten, die "Glücksfalle" moderner Ratgeber wird in wenigen
Sätzen entzaubert, die eigene Methode in ebenso einfachen Formulierungen
einprägsam vorgestellt.
Eine Vielzahl von erläuternden Fallbeispielen, von prägnanten Texten,
gelungenen Zusammenfassungen und Arbeitsmaterialen führen fast spielerisch zur
Erkenntnis dessen, wie man selbst die eigene "Glücksfalle" baut, wie
man dieser entkommt und sich selbst Schritt für Schritt auf eine andere,
konstruktivere Spur setzt. Bedeutsam für die eigene Spur des Lebens ist das
"Drang Surfen", die Möglichkeit, im eigenen Inneren zu spüren, wohin
die eigene Person möchte, welcher Drang entsteht und wie man, im Bilde, auf
diesem Drang entspannt "surft", statt ihn entweder zu bekämpfen oder
zwanghaft umsetzten zu wollen.
Das eigene Wollen zu spüren, dabei entspannt zu bleiben und dann dem eigenen
Wollen zu folgen, dafür setzt Russ eine Vielzahl von Erkenntnissen, Übungen,
Möglichkeiten und, vor allem, den Mut, ganz eigene Wege zu finden ohne sich
durch vermeintliche Ratgeber oder Normen beirren zu lassen. Ein gesundes
Gleichgewicht wird entstehen, in dem der persönliche "Drang" seinen
Weg findet, ohne die zwanghafte Kontrolle zu übernehmen.
Fazit
Ein tatsächliches "Umdenkbuch" ist Russ gelungen, in dem er
verständlich und mit vielen Übungen und Beispielen versehen, mit der
geprägten Vorstellung von Glück ausführlich aufräumt und Wege aus
zwanghaften Glücksfallen eröffnet, die einfach umzusetzen und zu erproben
sind. Fundiert und kompetent weist Russ auf diese Art und Weise eine Vielzahl
von vermeintlichen Glücksratgebern deutlich in die Schranken und eröffnet
eigene und sinnvollere Wege.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 13. Januar 2011 2011-01-13 15:04:49