"Der Jadepalast" ist ein Familien-Epos, oder vielmehr der
unterschiedliche Werdegang zweier chinesischer Kinder, deren Leben ähnlich
begann und sich in den historischen Wirren Chinas in gegensätzliche Richtungen
entwickelte, aber ständig kreuzten sich ihre Wege und das Glück wechselte
zwischen ihnen hin und her.
Der Roman ist aufgeteilt in mehrere Bücher und beginnt mit dem Ende der
Geschichte von Wang Ma Li.
Wang Ma Li ist zwölf Jahre alt, Vollwaise und muss sich um ihre behinderte
Schwester Lingling kümmern. Als sie glaubt, dass ihr weiteres Schicksal
besiegelt wäre, nachdem ihre Tante sie an einen Menschenhändler verhökert,
der sie gewinnbringend in Shanghai weiterverkaufen will, begegnet ihr das
Glück. Auf dem Weg nach Shanghai begegnet sie Zhang Yue, ebenfalls verkauft.
Doch im Hause der Madame Li und ihres Mannes trennen sich die Kinder und Zhang
Yue wird ihr restliches Leben von Hass und Neid auf Ma Li begleitet. Denn sie
und Lingling werden im Hause der Madame behalten, welche die Mädchen von da an
als ihre Töchter aufzieht. Ma Li bekommt die beste aller besten Bildungen und
Lingling findet im Hausherrn eine Vaterfigur. Madam Li hat ihr Geld mit
Prostitution und Fäkalhandel gemacht, hätte sie nicht so Gefallen an den
Mädchen gefunden, so hätten sie, wie Zhang Yue, auch als
"Blumenmädchen" in Shanghais rotem Viertel geendet.
Wang Ma Lis Leben ist gekennzeichnet von viel Glück, Leid und gravierenden
Schicksalsschlägen. Nachdem ihre große Liebe, Kang ein kommunistischer
Revolutionär ermordet wird, heiratet sie Benjamin Liu, wohlhabender
Fabrikbesitzer. Ma Li bekommt 3 Kinder, einer davon ist der uneheliche Sohn
Kangs, zu dem sie von jeher eine tiefere Bindung empfindet als zu ihren beiden
anderen Kindern.
In den Wirren von 19 beschließt Liu das Land zu verlassen, bis es sich beruhigt
hat, aber Ma Li weigert sich ohne ihre Schwester Shanghai zu verlassen. So
bleiben sie und ihr ältester zurück. Sie sollte ihre Kinder nie wieder
sehen.
Währen der Kulturrevolution wird Ma Li auch noch das letzte Bisschen Glück
geraubt,als ihr Sohn sich von ihr abwendet, auch ihn sollte sie nie
wiedersehen.
Zhan Yue wächst als Blumenmädchen auf, hegt den Traum Schauspielerin zu werden
und nährt sich am Hass gegen Wang Ma Li. Dieser wird noch mehr angefeuert, als
ihr Liebhaber, Kang, sich in Ma Li verschaut und Zhang Yue für sie verlässt.
Jedes Mittel ist ihr Recht um sich an Ma Li für ihr Unglück zu rächen. Ihre
Chance sieht sie gekommen, als sie ich als Kommissarin bei den Kommunisten
einstellen lässt und über Glück und Verderben entscheiden kann. Ihre erste
Tat: Ma Lis Sohn gegen die Mutter aufhetzen und ihr Tudor-Haus in Shanghai
enteignen lassen, worin sie fortan wohnen wird. Ma Li kommt in eine Baracke und
muss in einer Bibliothek antikommunistische Bücher vernichtet, auch dies eine
Gemeinheit Zhang Yues.
"Raymond A. Scofield" ist das Pseudonym von Gert Anhalt.
Der Roman wickelt eine Zeitspanne von knapp 80 ab, Scofield beschreibt den
Werdegang des kommunistischen Chinas in eindringlicher Sprache, die
Protagonisten sind fein gezeichnet, die Umgebung farbenfroh, die Szenarien
beeindruckend.
Fazit
Mit viel Liebe zum Detail entwirft Scofield eine fassettenreiche
Lebensgeschichte und bietet einen kurzen aber prägnanten Einblick in Chinas
Vielfalt, Aufstieg, Niedergang, Brutalität und Menschenlosigkeit.
Vorgeschlagen von Diyani Dewasurendra
[Profil]
veröffentlicht am 04. November 2010 2010-11-04 20:21:37