Ruby hatte gehofft, dass sich das Problem in ein paar Monaten von selbst
erledigt hätte, wenn sie volljährig sein würde. Doch die Vermieter fanden
heraus, dass Rubys Muter verschwunden war und das Mädchen allein in der Wohnung
lebte. Dass Cora ihre Schwester Ruby nun bei sich aufgenommen hat, passt der
Jüngeren überhaupt nicht. Ruby ist in Coras Haus alles zu sauber, zu perfekt,
die elegante Umgebung macht sie unsicher. Schlimmer noch, von Coras und Jamies
luxuriöser Villa aus kann Ruby ihre alte Schule nicht mehr besuchen. Cora hat
Ruby in der Perkins Day Highschool angemeldet, einer bürgerlichen
Kaderschmiede, von der Coras Mann Jamie noch immer schwärmt. Ruby zieht sich
eingeschnappt zurück, verlässt ihr Zimmer kaum noch, will möglichst schnell
wieder weg. Cora hatte früher bereits Ruby gegenüber die Mutterolle gespielt,
hatte immer versucht, Ruby vor der unberechenbaren Mutter zu schützen. Seit die
Ältere Mutter und Schwester verlassen hat um zu studieren, ist das Verhältnis
zwischen Cora und Ruby kompliziert. Doch schon am ersten Schultag zeigt sich,
dass Ruby an der Perkins Day nicht der einzige sonderbare Vogel ist.
Olivia mit den Rastazöpfen, fest verwachsen mit ihrem Handy, sagt sehr direkt,
was sie über die Reichen hier denkt. Oivia arbeitet regelmäßig neben der
Schule, auch Nate, der Sohn der Nachbarn, arbeitet, er betreibt gemeinsam mit
seinem Vater eine Erledigungsagentur. Nate ist einfach zu lässig, zu
hilfsbereit, so dass er Ruby kaum eine Gelegenheit bietet, biestig zu ihm zu
sein. Ruby spielt wie gewohnt die Kratzbürste und nimmt nur widerwillig zur
Kenntnis, dass in der hippen Villengegend längst nicht alles Gold ist, was
glänzt. Weil Ruby niemandem etwas schuldig bleiben will, nimmt sie an den
Samstagen einen Job in Harriets Schmuckgeschäft an. Wenn Ruby mit ihrer Angst
vor Nähe extrem ist, weiß ich nicht, wie man Harriet nennen soll. Die
Schmuckdesignerin ist ein Kontrollfreak wie er im Lehrbuch steht. Obwohl Ruby
Harriet im Geschäft entlasten soll, lässt sie ihre Aushilfe keine Minute
allein, plant alles minutiös durch. Selbst in einem Einkaufszentrum kann man
nie vor einem Wirbelsturm sicher sein, ist Harriets Devise. Durch den
Rollenwechsel - jetzt ist es Harriet, die erst lernen muss, Hilfe und Zuneigung
anzunehmen - gewinnt Ruby zum ersten Mal Verständnis für ihre Schwester Cora.
Dennoch steuert das Verhältnis zwischen Cora, Jamie und Ruby kurz vor
Weihnachten auf eine ernste Krise zu - und das passiert ausgerechnet in Jamies
Haushalt, der so ein begeisterter Familienmensch und Weihnachts-Fan ist. Bis
Ruby sich aus ihrem Schneckenhaus hervorwagt und bereit ist, die Bevormundung
durch Cora aus einer anderen Perspektive zu sehen, vergehen Monate. In dieser
Zeit kommt es zu aufregenden Verwicklungen im Verhältnis zu Nate. Obwohl in der
Schule schon längst über Nate und Ruby gewitzelt wird, war ihr Verhältnis
bisher absolut keusch.
Fazit
Wie bereits in ihren anderen Jugendromanen lässt Sarah Dessen auch in
"About Ruby" der Hauptfigur viel Zeit für ihre persönliche
Entwicklung. In Rubys Erlebnissen und Gedanken kann man als Leser so richtig
gemütlich schmökern. Besonders gefallen hat mir die Idee, anhand der
Erledigungsagentur von Nates Vater das Outsourcen von Hilfe und Zuwendung gegen
Bezahlung zu zeigen. Dessens einfache Botschaften: Mach dir kein Bild von
anderen, ehe du sie nicht kennengelernt hast - und: Sieh den Menschen ins
Gesicht und nicht in den Geldbeutel.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 30. August 2010 2010-08-30 09:22:59