Der Anfang ist der Beginn vom Ende
Sebastian Fitzek schreibt in einer Art und Weise, die es sogar zum Vergnügen
macht, die Danksagungen am Ende des Buches nicht zu überschlagen. Endlich wird
anschaulich klar, wie viele Menschen mit Engagement und Kompetenz an der
Entstehung eines solchen Buches beteiligt sind.
Eines Buches, dass mit dem Epilog beginnt und mit dem Prolog endet, dessen
Seitenzahlen dementsprechend konsequent bei 442 anfangen. Seite für Seite
entfaltet Fitzek vom ersten Augenblick an in kurzen Sätzen und ebenso kurz
gehalten Kapiteln die Geschichte des "ältesten Spieles der Welt",
Verstecken, auf eine ganz neue Art.
Der Augensammler tötet die Mutter, entführt das Kind, gibt der Leiche der
Mutter eine Stoppuhr in die Hand, die dem verzweifelten Mann und Vater, sobald
er den grausigen Ort des Geschehens betritt, noch genau 45 Stunden und 7 Minuten
Zeit lässt, sein entführtes Kind zu finden. Punktgenau mit Ablauf der Frist
stirbt das versteckte Kind durch eine Flutung des Verstecks mit Wasser. Nicht
ohne zuvor das linke Auge des jeweiligen Kindes zu entfernen.
Alexander Zorbach, nach einem traumatischen Erlebnis aus dem Polizeidienst
ausgeschieden und nun durchaus erfolgreicher Polizeireporter kommt dem
"Augensammler" inmitten seiner privaten Scheidungskrise am Tag vor dem
Geburtstag seines Sohnes auf die Spur. Mithilfe der blinden Alina und seines
Voluntärs Frank gerät er wie in einen Sog in die Welt des Augensammlers
hinein. Wird selbst zum Verdächtigen und sieht sich bedrängt von allen Seiten.
Und die Zeit verrinnt für das letzte versteckte Kind.
Klar und einfach schreibt Sebastian Fitzek, er hält sich nicht mit
Nebensächlichkeiten auf, nur kurz zu gegebener Zeit wirft er einen
erläuternden Blick auf die Figuren und deren Geschichte, ansonsten ist die
Abfolge von Jagen und gejagt werden der rote Faden, der das Buch in hoher
Geschwindigkeit voran bringt.
Bis fast zum Ende hin bleibt offen, wer der Augensammler ist, was ihn zu genau
dieser Art Verbrechen treibt und genauso lange verbleibt auch der Leser im
Dunkeln. Ein Dunkel, dass die zweite Hauptfigur neben Alexander Zorbach gut
kennt. Alina ist nach einem Unfall als Kind blind, aber dennoch sieht sie. Auf
ihre Weise. Unter Schmerz erlebt sie regelmäßig Visionen. Visionen, die sie
gemeinsam mit Alexander auf die richtige Spur bringen, obwohl diese Visionen
völlig falsch gedeutet werden. Aber auch das wird erst zum Ende (oder, dem
Duktus des Buches folgend, zum Anfang) hin deutlich.
Ebenso klar und einfach, wie die Geschichte ihren Fortgang nimmt, bringt
Sebastian Fitzek seine Figuren nahe. Ohne große Schnörkel oder weitschweifige
Erläuterungen werden die Charakterzüge der Protagonisten durch ihr Handeln
deutlich, um dann, zu Zeiten, fast am Rande nur und auf das notwendigste an
Information beschränkt, anhand prägender Lebensereignisse in diesen
Charakterzügen verdeutlicht zu werden.
Ob der hervorragend entwickelten Geschichte, der überzeugend gestalteten
Personen und der überraschenden Auflösung ist verzeihbar, dass der ein oder
andere Impuls und Handlungsstrang ein wenig in der Luft hängen bleibt. Warum
Alina nirgend gemeldet oder bekannt ist bleibt genauso offen wie die Begründung
für ihre interessante Form der Haargestaltung. Nebensächlichkeiten
letztendlich aber nur im Ablauf der Ereignisse.
Fazit
Ein echter Fitzek, überzeugend in der Grundidee und mit Tempo umgesetzt.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 01. Juni 2010 2010-06-01 16:42:11