Der mühsame Weg zum Leben
In ihrem neuen Roman schildert Toril Brekke den Weg einer jungen Frau durch den
"Wilden Westen" Amerikas im Jahr 1843. Einen, auch für die damalige,
rauhe Zeit, nicht alltäglichen Weg.
16 Jahre alt ist Brenda, als sie sich mit ihrem Stiefbruder und Geliebten Holje
dem Treck anschließt, der ins "gelobte Land", nach Kalifornien
führt. Harte Männer sind es überwiegend, die die Atmosphäre des Trecks
prägen. Harte Männer, die nicht alle eine Familie ihr eigen nennen.
Es bleibt nicht aus, dass Brenda, zunächst verstohlen, und dann, als sie als
unverheiratet erkannt wird, massiv zum Objekt der Begierde wird.
Sie wird vergewaltigt, Holje steht ihr bei und wird zum flüchtigen Mörder,
Brenda ist auf sich allein gestellt inmitten der unwirtlichen und bedrängenden
Verhältnisse.
Verhältnisse, die treffgenau von Toril Brekke beschrieben werden in ihrer
Geschichte, die bis in die Zeit des Sezessionskrieges hineinreicht.
Norweger in der neuen Welt, das ist der Ausgangspunkt der Geschichte von Brenda,
die den Mittelteil einer als Trilogie angelegten Familiengeschichte ist. Wie
für viele Europäer in jenen schwierigen Zeiten, ist Amerika das Land der
Hoffnung. Hoffnung ist wichtig, doch einfach wird das Erreichen der großen
Ziele für die Beteiligten nicht einfach und letztlich nicht für jeden möglich
sein. Auf dem Weg bleiben mehr Opfer als solche zurück, die ihre Hoffnungen
leben können und letztlich sind alle überlebenden Beteiligten vom Schicksal
gezeichnet.
Von der Kraft der Hoffnung aber kündet Toril Brekke. Von den Niederungen des
Lebens, dem harten Überlebenskampf, der das junge Mädchen zunächst bis zur
Prostitution treibt. Und sie beschreibt in sprachlich eindringlicher, bildhafter
und mit hinein nehmender Form von der Glücksjägerei jener Tage, der Gier nach
Gold, dem Fieber, das ein ganzes Land erfasst hatte.
Ebenso überzeugend wirft sie einen Blick auf diese ganz besondere, kleine
Gruppe von Auswanderen in der "neuen Welt". Die Traditionen, die
miteinander verbinden und die als Form einer "inneren Heimat" auch in
der fremden Umwelt des weiten Landes ein Stück Sicherheit geben sollen und auch
können werden ausführlich und damit nachvollziehbar beschrieben. Die
beginnende Entfremdung zwischen den Menschen bleibt als Thema nicht aus, das
enttäuschende Verhältnis des Vaters zu Brenda ist ein wirksam
herausgearbeiteter Beleg für diese sich langsam auflösende Verbindung der
kleinen Volksgruppe hinein in eine neue Lebenswelt.
Die handelnden Figuren sind durchweg lebendig und differenziert angelegt und mit
Einfühlungsvermögen beschrieben. Toril Brekke versteht es, Anteil an der
Entwicklung der Personen zu geben.
Den Weg immer wieder neu unter die Füße zu nehmen, die Unentrinnbarkeit
auswegloser Situationen ertragen zu müssen und dennoch nicht aufzugeben und der
allmähliche und dennoch schmerzliche Verlust innerer Heimat sind die
generalisierenden Elemente dieses überzugenden und gut geschriebenen Romans,
die über das Jahr 1843 hinaus und die konkreten Personen des Romans Bedeutung
haben.
Auf diesem Weg begleitet Toril Brekke nicht nur ihre Hauptfiguren, die
Lebensläufe vieler angehöriger der norwegischen Auswanderer werden, teilweise
am Rande, bis in die Zeiten des Bürgerkrieges hinein begleitet.
Auch Brenda geht und macht ihren Weg. Auf diesem Weg aber "wuchs ein
Schmerz in ihr heran, der sich zu der vielen Qual gesellte, die sie ohnehin
schon in sich trug". Ihre Töchter sind es, die zum Schluss dieses Buches
Brenda, aber auch dem Leser, den Weg nach vorne hin weisen.
Fazit
Ein sprachlich hervorragend geschriebener Roman, der mit einfühlsam und
differenziert beschriebenen Figuren den Lebenskampf des 19. Jh. in Amerika im
Blick auf eine kleine Auswanderergruppe genauestens schildert. In seinen
generalisierenden Elementen voller Hinweise und Möglichkeiten, auch zu anderen
Zeiten und anderen Umständen den Kampf für die eigenen Hoffnungen auf sich zu
nehmen.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 21. Mai 2010 2010-05-21 13:43:24