Der Roman erzählt die Geschichte der schönen, reichen und widerspenstigen
Grady, einem 17-jährigen Mädchen von der Upper East Side New Yorks. Sie hat
einen ganzen Sommer sturmfreie Bude, denn die Handlung beginnt, als Grady
zusammen mit ihrer Schwester die Eltern auf ein Kreuzfahrtschiff begleitet, weil
diese mit der "Queen Mary" eine mehrmonatige Reise nach Europa
antreten. Obwohl sich die Mutter sorgt, die Tochter, die nach den Ferien ihr
gesellschaftliches Debüt in der oberen Gesellschaft bestreiten soll, alleine
daheim zulassen, kann sie dem Willen ihrer Tochter nichts entgegen setzen. Noch
bevor der Ozeanriese in See sticht lernen wir den langjährigen Freund und
ehemaligen Spielgefährten Gradys kennen und ahnen, dass zwischen ihnen
eigentlich mehr als nur eine dicke Freundschaft stecken müsste. Doch es
vergehen viele Wochen und die Hitze des Sommers im flirrenden und brodelnden New
York, bis Grady in einem Anflug von Schimmer auf solche Gedanken kommt. Grady
lernt in dieser Zeit ihre Heimatstadt von einer anderen Seite kennen lernt
Menschen kennen, die bislang in ihrem Umfeld keine besondere Rolle spielt.
Erst 2004 ist das ein halbes Jahrhundert verborgen gebliebene Manuskript dieses
Erstlingswerks des amerikanischen Schriftstellers (bekannt geworden mit
"Frühstück bei Tiffany") wieder an die Oberfläche gelangt. Er
selbst hatte immer wieder Andeutungen gemacht, dass er mal einen ganzen Roman
vernichtet hatte, weil er ihn nicht für veröffentlichungswürdig hielt. Die
Literaturexperten waren nach dem plötzlichen Auftauchen des Manuskripts ganz
anderer Meinung. Zeugt der Roman doch von einer Reife, die für ein
Erstlingswerk ungewöhnlich verfestigt scheint. Doch wäre an dieser Stelle auch
anzumerken, dass das Manuskript zwar 1943 begonnen wurde, jedoch feilte Capote
noch bis weit in die fünfziger Jahre hinein daran, obwohl er zwischenzeitlich
längst Erzählbände herausgebracht hatte.
Mit sensibler Wortakrobatik und einer eigenen Stilistik, die sich in
grammatikalisch falscher Interpunktion äußert, wird das Leben dieses jungen
Mädchens mit all seinen Wünschen und Träumen gezeigt. Capote führt den Leser
von einem Bild zum anderen und lässt ihn am Leben der Upper Class teilhaben.
Lange, verschachtelte Sätze, die aber nie so lang sind, dass man den Anschluss
verliert, gestalten Bilder von der drückenden Hitze im Central Park oder dem
Vorbehalt der Mutter während der anfänglichen Trennungsszenen. Malerisch
lässt Capote seine Protagonistin bekifft durch die Augen die Welt
betrachten.
Doch so schön und gelassen sich anfangs noch die "heile Welt" eines
jungen Mädchens mit ihren Schulmädchenproblemchen ausnimmt, umso rasanter geht
es mit den Gefühlen zu, je mehr Seiten umgeschlagen werden, bis der Leser
schließlich einen Punkt erreicht, an dem er nicht mehr aussteigen kann, an dem
ihn die Spannung festhält und er wissen möchte, welchen Weg Grady einschlägt.
Fazit
Eine kurze und packende Sommergeschichte, die das Bild einer Gesellschaft zu
Mitte des vorigen Jahrhunderts widerspiegelt und auf ein spannendes Ende
hinausläuft.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
[Profil]
veröffentlicht am 20. Mai 2010 2010-05-20 23:54:40