Flucht und Rache. Fantasy vom Feinsten
Düster und trutzig ragt die Burg in die karge Landschaft. Aus Feuerstein, Beton
und Reismehl wurde sie in gleicher äußerer Härte errichtet, wie das Leben in
ihr verläuft. Die Ordensburg des "Erlöserordens" ist Heimat eines
alten Kriegerordens, doch das Wort "Erlösung" täuscht. Grausam und
voller Härten ist das Leben für die jungen Novizen eines verfremdet
dargestellten, doch wiederkennbaren mittelalterlichen christlichen Glaubens
katholischer Prägung. Die Novizen geraten meist schon als kleine Kinder zur
Ausbildung in die Hände der Mönche. Von Beginn an arbeiten diese darauf hin,
den Willen der Heranwachsenden gewaltsam zu brechen und sie zu Werkzeugen des
Ordens zu machen. Zu Werkzeugen im Kampf gegen die "Antagonisten", die
Abtrünnigem vom wahren Glauben.
Der Junge ist 14 oder 15 Jahre alt, so genau weiß er es nicht, genauso wenig,
wie er um seinen wahren Namen weiß. Cale wird er im Orden genannt. Eines aber
weiß er genau, das er besondere Kräfte hat. Doch auch das hilft ihm nicht viel
angesichts der Grausamkeiten und Härten, die er lernen musste, im Lauf seines
Klosterlebens zu ertragen.
Bis er eines Tages Zeuge wird, wie einer der Mönche ein junges Mädchen bei
lebendigem Leibe seziert. Und ein zweites Mädchen erwartet, hilflos gefesselt,
das gleiche Schicksal.
Cale tötet den Mönch, ihm gelingt, gemeinsam mit ihr und zwei weiteren
Novizen, die Flucht aus der Burg. Doch nicht die Rettung wartet dort, sondern
eine Odyssee beginnt. Durch Berglandschaften hindurch, in die prächtige Stadt
Memphis hinein. Verbündete und Gegner finden die Freunde, wenig sichere Orte
warten auf sie. In der feudalistischen Metropole findet Cale in der
aristokratisch geordneten Handlungswelt des Romans eine mögliche Liebe, trifft
auf Widerstand und Ablehnung und muss Kämpfe bestehen. Doch seine antrainierte
Härte lässt ihn alle Anfechtungen überstehen.
Bis zum Schluss doch noch sein Inneres aufgewühlt wird.
Paul Hoffman legt auf 480 Seiten ein packendes Fantasy-Entwicklungsepos vor. Mit
seiner klaren Sprache treibt er Wort für Wort die Geschichte voran und
entwickelt so eine dichte Atmosphäre, die den Leser in den Bann zieht.
Die Handlungsorte sind weder in Zeit noch Ort genau bestimmt, Ortsnamen wie
Memphis lassen Assoziationen eines nie historisch existenten Amerikas entstehen,
die Bewohner erinnern an das Italien der Renaissance, York an die Wälder
Englands.
Egal aber, wo und wann diese Welt existiert, eines gilt vor allem für diese
Welt: Unsicher ist sie und gefährlich.
Gewalt ist an der Tagesordnung und Hoffman versteht es, diese Gewalt ebenso
plastisch zu schildern, wie er den handelnden Personen Tiefe und Schattierungen
verleiht. Bis in die Nebenfiguren hinein tauchen nur wenig eindeutig
einzuordnende Figuren auf, Überraschungen im Handeln der Protagonisten sind
damit vorprogrammiert.
Natürlich ist dementsprechend auch die Hauptfigur des Cale nicht eindimensional
als "reiner Held" angelegt, Härte und Grausamkeit liegen auch in
dieser Figur, wie im ganzen Roman, vor.
In der Schilderung seines Zweikampfes gegen Solomon Solomon fällt es, bei allem
Verständnis für Cales Prägung im Kloster und die Umstände des Kampfes, nicht
leicht, die Sympathie für ihn durchweg aufrecht zu erhalten.
Gut so, denn so bleibt, neben der spannenden Geschichte, auch die Frage, wohin
Cale sich innerlich entwickeln wird, als ständiger, spannender Begleiter beim
Lesen im Raum.
Eine Frage, die über das konkrete Ende dieses Buches hinausreichen wird. Die
Geschichte von Cale ist durch Paul Hoffman als Trilogie hin angelegt, zwei
weitere Bände werden (hoffentlich bald) folgen.
Fazit
Ein Fantasy Epos aus einem Guss, ein nachvollziehbarer und dennoch immer wieder
überraschender Entwicklungsroman, der den Leser mitten hinein in das Geschehen
nimmt und auf die Fortsetzungen warten lässt! Empfehlenswert nicht nur für
Fantasy Liebhaber.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 20. Mai 2010 2010-05-20 00:17:00