Leben und Leidenschaft im alten Rom
Ausgesonderte waren Sie. Vestalinnen, Priesterinnen der Gottheit Vesta.
Zu der Zeit, in der die Handlung des Romans angesiedelt ist, gab es jederzeit 6
Vestalinnen (in späteren Jahrhunderten 7), deren wichtigste Aufgabe die Sorge
um das immer brennende Feuer im Tempel war.
Nur Jungfrauen, die im Kindesalter ausgewählt wurden und für mindestens 30
Jahre ihren Dienst verrichten mussten, durften diesen heiligen Dienst
verrichten. Im Gegenzug hatten diese keuschen Priesterinnen weitgehende Rechte
und Privilegien, die fast an jene der Männer Roms heranreichten.
Wehe aber, wenn eine Vestalin ihr kostbarstes Gut verlor, ihre Keuschheit.
Schweres Unheil verhieß dies für ganz Rom. Eine solche Priesterin war des
Todes und wurde lebendig begraben. Lebendig deswegen, weil kein Einwohner Roms
direkt verantwortlich sein wollte für den Tod einer Vestalin. So gab man ihr
auch symbolisch Lebensmittel mit ihn ihr Grab, damit niemand zur Verantwortung
für den Hungertod einer Vestalin gezogen werden konnte.
Der Beginn des Buches mit dem doppeldeutigen Titel (Sowohl das Feuer der
Gottheit, als auch das Feuer der Leidenschaft schwingen in "Vestalinnen
Feuer" mit) führt den Leser genau in diese Situation.
Aemilia, im Alter von 6 Jahren durch Los zum Dienst der Vestalin bestimmt, wird
lebendig begraben. Akribisch genau schildert Sherri Smith diesen Vorgang aus der
Ich-Perspektive der jungen Priesterin und bietet mit diesem Stilmittel und ihrer
plastischen, bildhaften Schilderung einen unmittelbaren Zugang zur Geschichte.
Was führte zu dieser gnadenlosen Todesstrafe? Der geschichtskundige Leser
weiß, dass diese Todesart auf Unkeuschheit der Priesterin folgte. Aber wie
konnte dies im völlig abgeschotteten Leben der Priesterin überhaupt geschehen?
Was wird passieren in dem Grab, die Öffnung unerreichbar weit oben, einige
halbverfaulte Lebensmittel und eine Öllampe als Beigabe?
So wird die Geschichte Aemilias mit ihrer Freundin, der vorwitzigen Vestalin
Tulia, mit der sie ihre Träume und Sehnsüchte teilt und mit ihrer großen
Liebe und Leidenschaft, dem griechischen Sklaven Lysander, von hinten erzählt.
Eine Geschichte von verbotener Liebe, von Umsturzplänen gegen den Senat, an
denen Lysander als Mitwisser beteiligt ist, gewürzt mit Sentenzen Julius
Caesars und voller Eindrücke vom alltäglichen Leben im antiken Rom.
Historisch genau recherchiert bietet Sherri Smith anhand der vordergründigen
Liebes- und Ränkespielgeschichte ebenso realitätsnahe Einblicke in kultische
Hintergründe und die politischen Zustände im Rom um das Jahr 60 v.C. herum,
wie sie es versteht, ihre Geschichte mit bildhafter Sprache fließend und
logisch aufgebaut zu erzählen.
Fazit
Trotz einiger Längen und der ein oder andren langatmigen Beschreibung
kultischer Handlungen gelingt es ihr durchaus, auch Spannung aufzubauen und zum
Ende hin für einige Überraschungen gut zu sein.
Es gibt durchaus schlechtere Möglichkeiten, sich die Zeit zu vertreiben, als
das Lesen dieses Erstlingswerkes von Sherri Smith, auch wenn Hochliteratur hier
natürlich nicht zu erwarten ist.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 19. Mai 2010 2010-05-19 22:41:57