H. P. Lovecraft
(1890-1937) gehört zu den wichtigsten Autoren der modernen
unheimlich-phantastischen Literatur. Im Sinne von Todorow meint Phantastik hier
das Eindringen des Unheimlichen in unsere reale Welt, die kein märchenhaftes
"selbstverständliches" Nebeneinander von natürlichen und
übernatürlichen Phänomenen bedeutet. Neben Edgar Allan Poe,
Ambrose Bierce,
Algernon Blackwood (den ich
besonders schätze) aber auch
Sheridan LeFanu,
M.R. James,
Henry James, R. H. Malden oder
Isaac Asimov (der neben
Science-Fiction auch Gespenstergeschichten schrieb), gehört Lovecraft zu den
bedeutensten Vertretern der Phantastik. Er hat immer im Schatten von Poe und
Bierce gestanden und noch das "Lexikon der Phantastischen Literatur"
(hrsg. von Rein A. Zondergold) wertet seine Werke - im Vergleich zu den beiden
anderen genannten Autoren - eher ab. Dennoch wird er inzwischen wieder entdeckt.
Sein "Museum des Grauens" und weitere phantastische Geschichten wurden
in der Phantastischen Bibliothek des Suhrkamp-Verlages veröffentlicht und
kürzlich ist eine hervorragende, bei Buchtips.net auch gut besprochene
Biographie über Lovecraft im Festa Verlag veröffentlicht worden ("
H.P. Lovecraft - Eine
Biographie"), die seiner Bedeutung endlich gerecht wurde.
Lovecraft war sehr arm. Sein Ruhm als "Meister des Makabren" ist
ständig gewachsen. Seine etwa 50 Kurzgeschichten und 12 längeren Erzählungen
veröffentlchte er in Magazinen. Doch woher bezog er seine Quellen? Welche
Geschichten faszinierten ihn, den "Meister des Horrors?" Es sind - wie
hier gezeigt wird - zahlreiche Autoren, deren Erzählungen hier z.T. erstmals in
deutscher Übersetzung vorliegen, etwa "Das Haus im Sturm" von Matthew
Phipps Shiel, "Der Abdruk der Hand" von Maurice Level und zahlreiche
andere Autoren. Der Herausgeber, Frank Festa, gibt zu jeder Geschichte und ihrem
Autor eine kurze kompetente Einführung. So wird nicht nur der Einfluß der
Autoren auf Lovecrafts Werke deutlich, sondern diese hervorragenden und zu
unrecht vergessenen Autoren werden wieder neu entdeckt und für den deutschen
Sprachraum erschlossen. Dafür gebührt dem Herausgeber Dank. Dass nebenbei auch
Lovecrafts Bedeutung hervorgehoben und seine literarische "Abwertung"
durch das "Lexikon der Phantastischen Literatur" - die meines
Erachtens zu Unrecht erfolgte - relativiert wird, ist ein weiterer wichtiger
Aspekt dieser verdienstvollen Anthologie.
Fazit
Ein hervorragendes Leseerlebnis für Liebhaber der unheimlich-phantastischen
Literatur. Unbedingt lesenswert!
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
[Profil]
veröffentlicht am 10. Juli 2003 2003-07-10 22:22:43