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Marina Lewycka: Das Leben kleben

Das Leben kleben

von Marina Lewycka
Verlag: dtv [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Belletristik
ISBN-13 978-3-423-24780-1

Preis: 12,99 Euro bei Amazon.de [Stand: 25. Dezember 2024]
Auch der Leser bleibt kleben

Georgie, eine ehemals erfolgreiche Journalistin, ist eine erfolglose Romanautorin und verdient ihren Lebensunterhalt mit der Arbeit an einem Klebstoffmagazin. Warum ausgerechnet Klebstoff? Weil er eine phantastische Metapher abgibt für die verschiedensten Strukturen in diesem Buch:

Schicksale der unterschiedlichsten Personen geraten aneinander und kleben fest, wie Georgie und ihre seltsame Nachbarin, Mrs. Shapiro, wie der Handwerker und eigentliche Ingenieur Mr. Ali, wie die Kollegen aus der Klebstoffbranche, betrügerische Sozialarbeiter und Makler, geizige Schnäppchenjäger und nicht zuletzt die Familie. Wie beim Klebstoff ist es schwierig, das, was einmal zusammengeklebt wurde, wieder ohne Verletzungen zu trennen.

Die Handlungsstränge sind sehr vielschichtig und komplex, so dass es schwer fällt, eine knappe Inhaltsangabe zu verfassen. Hier ein Versuch:

Georgie hat gerade ihren besserwisserischen Ehemann vor die Türe gesetzt und all seine Habe in einem Müllcontainer deponiert. Dort trifft sie Mrs. Shapiro, die gerade Schallplatten und Bücher einsammelt und die Leute, die so etwas abgeben als Barbaren beschimpft. Einige Zeit später kommt es zu einem weiteren Zusammentreffen mit der Nachbarin, als diese im Lebensmittelmarkt mit unsauberen Methoden um heruntergesetzte Waren kämpft. Diese Begegnungen reichen Mrs. Shapiro, um Georgie als nächste Angehörige anzugeben, als sie wegen eines Handbruches ins Krankenhaus kommt. Pflichtbewußt kümmert sie sich. Dann entdeckt sie, dass eine Sozialarbeiterin gemeinsame Sache mit einem Makler ztu machen scheint mit dem Ziel, ihre Nachbarin zu betrügen. Das lässt ihr Gerechtigkeitssinn nicht zu und sie wird immer weiter in die Angelegenheit verstrickt.

In der weiteren Handlung kommen weitere Personen hinzu, so der Handwerker Mr. Ali und seine Neffen. Er und auch Mrs. Shapiro haben eine Geschichte, die nach und nach zu Tage tritt. Dann gibt es noch Georgies pubertierenden Sohn Ben, der fest an den in der Bibel prophezeiten Weltuntergang glaubt.
Fazit
Das ist eines der besten Bücher, die ich in der letzten Zeit gelesen habe!! Einmal, weil es so vielschichtig ist. Man kann es als eine Geschichte mehrerer skuriller Typen lesen, die per Zufall aufeinandertreffen. Wenn man tiefer geht, hat es eine politische Aussage, denn der Konflikt zwischen Juden und Palästinensern wird aus den verschiedenen Blickwinkeln dargestellt. Es ist auch ein humorvolles Buch. Eine Stelle hat mir besonders gut gefallen: Als Mr. Ali es nach vielen Mühen geschafft hat, ein Schloss auszutauschen ohne die Türe zu beschädigen und dann sagt: "Immer besser....zuerst gewaltfreie Lösung probieren". Es ist auch ein tolerantes Buch, denn der Leser versteht all die verschiedenen Menschen und ihre Positionen, weil die Beweggründe so gut dargestellt werden. Das sind nicht nur Juden und Palästinenser, das sind auch reiche Leute wie Georgies Schwiegereltern und Leute der Arbeiterklasse wie Georgies Eltern. Dann sind es alte Leute wie Mrs. Shapiro und junge Leute wie Ben. Es gibt auch gute Sozialarbeiter, die nie Zeit haben und andere, die versuchen aus der schlechten Arbeit einen Gewinn zu erzielen. Und all diese verschiedenen Menschen kleben irgendwie zusammen.

Nicht zuletzt zeigt diese Buch ein wirklich gutes Abbild der englischen Gesellschaft mit dem Sozialgefälle und den vielen Einwanderern. Bemerkenswert finde ich auch die geschliffene und vielfach doppeldeutige Sprache, die trotz der Übersetzung ins deutsche nichts verloren zu haben scheint. Hierfür hat sich die sehr sorgfältige Übersetzerin ein Lob verdient!
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Vorgeschlagen von Heike Heard [Profil]
veröffentlicht am 09. Mai 2010

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