Jeden Samstag laden Oma und Opa die gesamte Verwandtschaft in ihr kleines
Häuschen zum Kaffeetrinken ein. Toto und Mama kommen, die Großtanten Greta und
Louisa, Mamas Schwestern Ella und Isa. Der einzige Mann im Haus ist Totos Opa.
Wenn Oma ihren Enkel abküsst, macht das ein lautes, nasses Knutschgeräusch.
Doch schlimmer wird es für Toto jedes Mal, wenn Tante Greta sich über ihm
zusammenfaltet. Tante Greta ist geschmückt, geschminkt und parfümiert.
Süßliche Parfümgerüche kann Toto nicht ausstehen. Über die ernste Tante
Luise hat Mama schon oft mit ihrem Sohn gesprochen; Toto kommt es deshalb nicht
in den Sinn, die Küsse seiner traurigen Tante abzulehnen. Die einzige Tante,
die Toto gern küssen darf, ist Tante Ella. Ella kitzelt und küsst, bis Toto in
schallendes Gelächter ausbricht. Tante Isa, schlank und flink, küsst ganz
anders alle anderen - schnell wie der Blitz. Totos Opa mag am liebsten in der
Küche Radio hören und Toto dabei auf seinem Schoß sitzen lassen. Bruno küsst
nicht, Bruno schlabbert; denn Opas und Omas Hund Bruno ist noch nicht erzogen
worden. Nur von seiner Mama mag Toto sich zart küssen lassen. Mamas Küsse sind
sicher deshalb etwas Besonderes, weil Toto ihr sagen kann, wenn er keine Lust
auf Küssen hat. Toto ist mit seinem Kussproblem nicht allein. Auch seine Mama
würde an Omas Kaffeetafel gern sagen: "Nein danke, ich möchte kein Stück
Kuchen mehr." Irgendjemand serviert Mama den Kuchen ungefragt direkt auf
den Teller, ehe sie überhaupt zu Wort kommt. Toto hat eine tolle Idee, vor dem
nächsten Kaffeeklatsch werkelt er hinter verschlossener Tür. Omas, Opas,
Tanten und Großtanten - Ihr werdet Euch noch alle wundern. Totos
Kuss-Abwehr-Methode gibt es als Beilage zum Bilderbuch.
Die Illustratorin Rike Janßen lässt Totos Großeltern in einem idyllischen
Häuschen in einer weitgehend technikfreien Welt leben. Oma und Opa haben
offenbar kein Auto; die alten Damen mit Oma-Dauerwelle, Dutt oder
Kompotthütchen stammen mindestens aus dem vorigen Jahrhundert. Wer hätte sich
für sein Kind nicht schon ein Nicht-Küssen-Schild gewünscht, wenn Verwandte
und Fremde sich einbilden, alles, was niedlich aussieht, dürfte von ihnen
hemmungslos abgeknutscht werden. Toto und seine Mutter brauchen sehr lange, bis
den küssenden Tanten eine Grenze gesetzt wird. Kein einziges Mal sagen sie
"Stop" oder "Danke, nein, ich möchte das nicht". Von Totos
Mutter hätte ich mir mehr Unterstützung für ihren Sohn gewünscht. Doch mit
Totos Anti-Kuss-Maßnahme ist der erste Schritt zu einem Gespräch getan, wie
Eltern und Kinder kussbedürftigen Erwachsenen ihre Grenzen zeigen können, ohne
den anderen zu verletzen.
Fazit
Daniela Dammers flott erzählte Geschichte ist von Rike Janßen mit Bildern
illlustriert, die ein sehr konservatives Großelternbild vermitteln. In Totos
Welt gibt es keinen Vater, so dass ich mir für ihn wenigstens eine
selbstbewusstere Mutter gewünscht hätte. Das Buch bietet Kindern ab 3 Jahren
Identifikationsmöglichkeiten in einer Reihe von Kuss-Szenen und verblüfft mit
einem witzigen Schluss.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 07. März 2010 2010-03-07 11:02:27