Der Mörder, der 1966 in Frankfurt Karin Rosenherz getötet hatte, wurde nicht
gefunden. Den schrecklichen Anblick der ermordeten stadtbekannten
Edel-Prostituierten sollten die Ermittler von damals nicht wieder vergessen.
Ähnlichkeit mit dem Fall Nitribitt drängten sich auf; denn das Opfer hatte
Kontakte zu Frankfurts besseren Kreisen. Ein überaus ehrgeiziger Staatsanwalt,
dem der spektakuläre Fall für seine Karrierepläne willkommen war, führte
bei den Ermittlungen ein strenges Regiment - ohne Erfolg. Vierzig Jahre später
sind einige der Zeugen bereits verstorben, die Spuren aus dem Fall kalt.
Im Jahr 2005 hat sich Kommissar Marthaler, Leiter der Mordkommission, in den
Innendienst versetzen lassen, weil seine Lebensgefährtin Tereza schwanger ist.
Marthaler soll weiter die Mordkommission leiten und ungeklärte Fälle wieder
aufnehmen. Ohne Anordnung des zuständigen Richters überwacht Marthaler aktuell
einen Mann, von dem er hofft, er könnte die Ermittler zum Lösegeld aus einem
Entführungsfall führen.
Beim Überfall auf den Transport eines wertvollen Bildes aus dem Frankfurter
Städel-Museum, den Marthalers Lebensgefährtin Tereza begleitet, wird Tereza
schwer verletzt. Marthaler ist in diesem Fall, in dem das Opfer ihm nahe steht,
befangen; das hält ihn jedoch nicht davon ab, sofort mit den Ermittlungen zu
beginnen. Robert Marthaler ermittelt außerhalb der Legalität, offiziell in
seiner Freizeit, um sich von der Sorge um seine schwer verletzte
Lebensgefährtin abzulenken. Der Frankfurter Ermittler ist sichtlich gezeichnet
von den Ereignissen, die ihn an den tragischen Tod seiner Frau bei einem
Polizeieinsatz erinnern. Marthalers Beziehung zum Opfer des spektakulären
Kunstraubs steht im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Unter den
neugierigen Blicken der Regenbogenpresse wird er kaum recherchieren können,
wer ein Interesse am Raub bekannter und deshalb unverkäuflicher Gemälde haben
könnte. Marthaler lässt sich notgedrungen auf einen Deal mit der Presse ein
und erhält als Gegenleistung vom Boulevard-Journalisten Grüter einen heißen
Tipp. Zwischen dem Kunstraub und dem seit vierzig Jahren ungeklärten Mord an
Karin Rosenherz soll ein Zusammenhang bestehen. Marthaler muss ein weiteres
Zugeständnis machen, indem er mit einer Schülerin der Henri-Nannen-
Journalisten-Schule zusammenarbeitet. Anna Buchwald hatte die Akten des Falls
Rosenherz komplett durchgeackert, um sich mit einer Reportage über den
ungeklärten Fall um einen Ausbildungsplatz der Schule zu bewerben. Außerhalb
der Legalität ermittelt das ungleiche Paar, was Karin Rosenherz für ein Mensch
war. Anna war beim Aktenstudium aufgefallen, dass damals mit gebremstem Eifer
ermittelt wurde. Wem wollten die Ermittler damals nicht auf die Füße treten?
Marthaler beschließt, hoch und riskant zu pokern.
Fazit
Jan Seghers lässt in seinem vierten Roman um Marthaler ein ungewöhnliches
Ermittler-Team auftreten. Marthaler sieht sich von einem Journalisten
herausgefordert, der einen entscheidenden Tipp zu den Ermittlungen beisteuern
kann. Eine junge Journalistin am Beginn ihrer Berufsausbildung in einer
entscheidenden Rolle bei den Ermittlungen erweist sich als geschickter, wenn
auch wenig realistischer Kniff. Der Prolog, mit dem der Autor in den vierzig
Jahre alten Fall einführt, hält während der Handlung den Spannungsbogen
straff gespannt. Jan Seghers (d. i. Matthias Altenburg) zeigt sich erneut als
Meister geschliffener Dialoge, der in seinen Kriminalromanen den Schwerpunkt auf
die Schilderung der Innenwelt seiner Figuren legt.
Vorgeschlagen von Helga Buss
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veröffentlicht am 28. Februar 2010 2010-02-28 09:42:30