Der amerikanische Gegenwartsautor erzählt in diesem umfangreichen Roman die
Geschichte einer in der Mittelschicht angesiedelten Familie.
Enid und Alfred sind beide im Ruhestand, leben in ihrem mittlerweile sehr
großen Haus und Mutter Enid wünscht sich nichts sehnlicher als noch ein
einziges Mal die gesamte Familie, eine Tochter und zwei Söhne, zu Weihnachten
bei sich zu Hause bewirten zu können. Ihre Geschichte wird in
abwechslungsreichen Episoden erzählt, die jede für sich genommen eine
eigenständige Novelle sein könnte. Mit den Episoden wechselt der Fokus der
Erzählung auf die Person, die in dieser Episode die Hauptrolle spielt. So wird
der Leser im ersten Abschnitt mit dem Sohn Chip und seinen Versuchen,
erfolgreicher Autor zu werden und sein Leben in den Griff zu bekommen, bekannt
gemacht. Der Sohn Gary wird mit seiner Familie in der zweiten Episode
vorgestellt. Er ist ein erfolgreicher Investmentbanker und bemüht sich redlich
um seine Familie, was ihm schwerlich zu gelingen scheint. Besonders seine Frau
hält gar nichts davon, das nächste Weihnachten bei den Schwiegereltern zu
verbringen. In einem weiteren Abschnitt werden schließlich Enid und der an
Demenz erkrankte Alfred vorgestellt. Frantzen bedient sich dabei diverser
Rückblenden, in denen er die Lebenswege der beiden aufzeigt und eine Zeit
beschreibt, in der ihre Kinder noch Kinder waren. Eine Urlaubsbekanntschaft auf
einem Kreuzfahrtschiff wird als Mittel benutzt, um das kleinbürgerliche Denken
von Enid, die intellektuell nicht an die Bekannte heranreicht, mit all seinen
Facetten zum Vorschein zu bringen. Eine vierte Episode gibt den Blick frei auf
das Leben der Tochter Denise, die sich als Starköchin einen Namen gemacht hat
und ebenso Mühe hat, ihr privates Leben in den Griff zu bekommen. In der
fünften und letzten Episode steht Weihnachten schließlich unmittelbar bevor,
alle Stränge werden zusammengeführt und zum Höhepunkt gebracht.
Fazit
Bei der unter der Lupe betrachteten Familie handelt es sich keineswegs um eine
typisch amerikanische Familie. Viele ihrer Züge, Befindlichkeiten und
Eigenheiten sind schlichtweg menschlich und können ebenso in einer deutschen
oder anderen, zumindest westeuropäischen, Familie wiedererkannt werden. Die
prägnante Erzählweise von Frantzen, der dem Leser jedes Detail durch Handlung
- lange bevor das Wort Demenz oder Altzheimer fällt, ist dem Leser klar, woran
Alfred leidet - und nicht nur durch bloße Beschreibung miterleben lässt,
erzeugt einen Klangteppich von Atmosphäre, die es unmöglich macht, dieses Buch
aus der Hand zu legen. Die Charaktere sind mit solch einer Fülle an
Eigenschaften, Emotionen, Gedanken und Handlungen ausgestattet, dass es nicht
schwer fällt, sie als eigenes Familienmitglied zu akzeptieren. Ein Grund
dafür, dass die einzelnen Episoden zwar so lang sind, sie aber nie zu lang
wirken und der Wechsel zum nächsten Abschnitt durchaus von Wehmut begleitet
wird, weil dieser dann den Fokus auf ein anderes Familienmitglied legt. Einen
Wehrmutstropfen hatte für mich allerdings eine Geschichte, die von Chip und
dessen leicht unmoralischer Arbeit in Litauen erzählt. Dient sie doch lediglich
dazu, aufzuzeigen, dass Gary seinen Bruder verabscheut, weil er in seinen Augen
reiche Amerikaner ausnimmt. Sie ist meines Erachtens zu lang gestreckt und jede
andere Handlung außerhalb von Litauen hätte denselben Zweck erfüllt.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 20. Februar 2010 2010-02-20 19:05:37