Krystian war erst 6 Jahre alt, als er aus Mareks Kuriositätenkabinett davon
lief. Der Junge schlug sich im Krakau des 13. Jahrhunderts nun mit Betteln und
Stehlen durch und war dabei immer auf der Hut. Auf einen wie ihn, der durch ein
schlangenförmiges Muttermal zum Außenseiter wurde, hatte in der polnischen
Stadt niemand gewartet. Beim Angriff eines Mongolen-Heeres, als Krakau
bereits in Flammen steht, wird Krystian in letzter Minute von einem Reiter auf
dessen Pferd gezogen und gerettet. Der Fremde mit den schmalen Augen wirkt auf
Krystian wie ein Ungeheuer. Als Krystian sich von seinem Schreck erholt hat,
findet er in seiner Hand ein geheimnisvolles Amulett mit der Darstellung einer
Schlange. Franziskaner-Mönche nehmen sich des Jungen an.
Jahre später, Krystian ist inzwischen erwachsen, lebt er noch immer mit
Franziskanern. Ängste und Aberglauben anderer Menschen ranken sich auch hier
um Krystians Muttermal. Bruder Mattteo sendet den jungen Mann nach
Konstantinopel. Von dort soll er Wilhelm von Rubruk in die Mongolei begleiten,
der die "Tataren" im Reich des Khans missionieren will. Das
Konstantinopel des 13. Jahrhunderts ist eine lebendige Hafenstadt, Treffpunkt
von Händlern, Handwerkern und Seeleuten aus aller Herren Länder. Der ideale
Ort, um sich für eine so weite Reise mit Zugtieren, Proviant und einem
Dolmetscher auszustatten. Krystian kann seine Ungeduld bis zum Reiseantritt nur
schwer zügeln, später werden sich die Reisetage zu Fuß oder auf dem
Pferderücken endlos hinziehen. Schließlich gibt es eines Tages keine
Siedlungen mehr, nur noch Gras. Doch dies ist erst der Rand der Mongolei,
unzählige Reisetage liegen noch vor den Franziskanermönchen und ihrer
Begleitung.
Die Franziskaner haben nie in Frage gestellt, ob ihr Missionierungseifer in
einer fremden Kultur überhaupt willkommen ist. "Ihr kommt barfuss in unser
Land und wollt uns Euren Glauben beibringen - und ihr kennt nicht einmal die
einfachsten Gesetze unseres Lebens." schleudert ein Mongole den Fremden
entgegen. Krystian tritt im Gegensatz zu den Mönchen anderen Kulturen mit
aufrichtigem Interesse entgegen und bemüht sich, die Landessprache zu lernen.
Für ihn ist offenbar der Weg das Ziel; denn er erfährt, dass das Lernen der
Landessprache allein nicht genügt, um auch die Sitten der Mongolen zu
verstehen. Der Junge, der wegen seiner eisfarbenen Augen von den mongolischen
Nomaden Tossuc genannt wird, nimmt die ungeschriebenen Gesetze der
Nomadenvölker bereitwillig auf. Hier wird ein Mann zuerst gefragt, ob er Schafe
oder Pferde besitzt. Wer etwas von Pferden versteht, versteht auch etwas von
Menschen. Man beurteilt andere danach, wie gut sie ein junges Pferd zureiten
können, ob sie singen oder Geschichten erzählen können.
Die Wege Krystians und der Brüder trennen sich. Je weiter Krystian auf seiner
Reise nach Osten gelangt, um so stärker drängt es ihn, die Bedeutung des
Schlangen-Amuletts zu enträtseln, das er seit dem Sarazenen-Überfall auf
Krakau mit sich führt. Krystian lernt auf seiner abenteuerlichen Reise, sein
hitziges Temperament zu zügeln und die ihm fremde Nomadenkultur zu achten. Die
Begegnung mit Alan, der geheimnisvolle Frau, die gejagt von mehreren Verfolgern
auf dem Pferderücken an Krystian vorbei prescht, stachelt die Abenteuerlust des
Reisenden weiter an, bis er schließlich dem Groß-Khan der Mongolen an seinem
Regierungssitz gegenübertritt. Man glaubt sich beim Lesen selbst auf dem
Rücken eines Pferdes, spürt förmlich die Gerüche der Steppe, durchlebt mit
Krystian Erfolge und Misserfolge.
Fazit
Nina Blazon legt mit "Das Amulett des Dschingis Khan" einen überaus
spannenden Abenteuer-Roman vor, der das Leben eines Reitervolks in der
mongolischen Steppe, wie auch die Lebensbedingungen von Abenteurern und
Missionaren des 13. Jahrhunderts, stimmungsvoll vermittelt. Besonders die
allmähliche Steigerung des Erzähltempos hat mich an diesem Buch begeistert.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 18. Februar 2010 2010-02-18 10:12:27