Louis W. Sander wird gern als Vater der Kleinkindforschung bezeichnet. In seiner
Zeit als Prof. für Psychiatrie der University of Colorado führte er viele
Studien durch, die die heutige Generation der Kleinkindforscher beeinflusst.
Zudem gehörte Sander der Boston Process of Change Study Group an. Im
vorliegenden Buch werden nun die bedeutendsten Schriften Sanders zusammengefasst
und von Gherardo Amadei und Ilaria Bianchi herausgegeben.
Das Buch wird in drei Hauptteile gegliedert. Der erste Teil beschäftigt sich
mit der Mutter-Kind-Interaktion der ersten drei Lebensjahre. Hier werden
Beobachtungen von Anpassungsprozessen aus einer Langzeitstudie beschrieben, die
1954 an der Boston University durchgeführt wurde. Demnach muss jedes
Kind-Bezugsperson-System sieben Aufgaben der Anpassung aushandeln: Primäre
Anpassung, reziproker Austausch, zielgerichtete Aktivität des Säuglings,
Fokussierung auf die Mutter, Selbst-Behauptung, Rekognition und Kontinuität
oder "Selbst"-Konstanz.
Der zweite Teil des Buches beschäftigt sich mit dem Anfangsstadium der
Anpassung in den ersten Lebensmonaten. Es zeigt sich, wie sensibel das System
Mutter-Kind ist und wie sensibel eine Bezugsperson auf das Kind reagieren muss.
Das Bewusstsein des Säuglings beginnt sich zu entwickeln, indem das Kind die
immer wiederkehrenden Erregungszustände sowie die daraus resultierenden
Erwartungen und Wünsche wahrnimmt.
Der dritte Teil beschäftigt sich nun mit dem Prozess der Entwicklung. Begriffe
wie Ganzheit, Spezifität und die Organisation bewusster Erfahrung werden
beleuchtet. Zudem wird der Prozess der Selbst-Regulierung in der frühen
Entwicklung aus systemischer Sicht beschrieben.
Fazit
Das Buch richtet sich aufgrund des wissenschaftlichen Anspruches eher an
Fachpersonal. Fallbeispiele geben dem Ganzen eine praktische Seite und
untermauern die Ergebnisse der Studien. Insgesamt ist es eine gelungene
Herausgabe von Louis W. Sanders Lebenswerk.
Vorgeschlagen von Romy Bigalke-Kunert
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veröffentlicht am 07. Februar 2010 2010-02-07 11:02:15