Der Illustrator David MacAulay lässt seine Leser gern hinter die Mauern
gewaltiger Bauwerke blicken. Mit
Stand einst eine Burg und
Eine Stadt wie Rom begeisterte er Generationen junger Leser. In
seinem schwergewichtigen Buch über den menschlichen Körper bleibt der
Illustrator seiner Neigung zur Architektur treu. Auf doppelseitigen Abbildungen
können MacAulay-Fans durch die Abläufe im menschlichen Körper streifen wie
durch ausgedehnte Industriegebiete. Atmung und Blutkreislauf präsentieren sich
wie zwei eng miteinander verschlungene Achterbahnsysteme, die Knochenstruktur
kommt als gewaltiger Bergwerksstollen daher, die Nasenschleimhaut gleicht einem
gewaltigen Höhlensystem, der gesamte Körper einer Landschaft mit reißenden
Strömen. Mit winzigen Menschlein, die auf den Abbildungen diesen
Industrieanlagen staunend gegenüber stehen (Touristen auf einer
Aussichtsplattform besichtigen die feinen Kanäle der Niere), werden
Proportionen und Strukturen zur Erheiterung des Leser ins Gegenteil verkehrt.
MacAulay zeigt kleine Dinge groß (die Handmuskulatur) und macht große Dinge
erfahrbar. Der Autor führt uns vom Kleinen zum Großen, vom Teil zum Ganzen, er
macht das Nichtsichtbare in sehr persönlichem Zeichenstrich sichtbar. Abstrakte
Vorgänge, wie die Ausschüttung von Neurotransmittern, prägen sich durch die
plastische Abbildung nachdrücklich ein. Wir können beim Anschauen des Buches
nicht nur in den menschlichen Körper hinein sehen, sondern auch Vorgängen wie
dem Zellstoffwechsel folgen, den sich nun mancher wie einen Flipperautomaten
vorstellen wird. Die menschliche Sexualität als rein technischer Ablauf ohne
die Beteiligung von Gefühlen wird nicht alle Leser erfreuen.
MacAulay baut mit seiner kraftvollen bildlichen Darstellung eine Brücke zu den
theoretischen Zusammenhängen und den Fachtermini. Mit der Erklärung des
Zusammenspiels von Rezeptoren, Glucose und Insulin im menschlichen
Insulin-Stoffwechsel, das er uns als dreidimensionales Puzzle-System zeigt,
überschreitet der Autor die Grenze zwischen Jugend- und Erwachsenen-Literatur.
Einige Kapitel richten sich an Kinder ab 8, andere an naturwissenschaftlich
interessierte Leser um die 16 Jahre.
Fazit
"Das große Buch vom Körper" begeistert MacAulay-Fans mit der
Üppigkeit seiner Abbildungen und informiert mit listigem Augenzwinkern über
Vorgänge im menschlichen Körper.
Vorgeschlagen von Helga Buss
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veröffentlicht am 28. Januar 2010 2010-01-28 09:27:07