Regelmäßige Hörer, die nicht mitbekommen haben, dass es bei Offenbarung 23
eine gravierende Veränderung gegeben hat, werden beim Hören dieser Folge
sicherlich erschrecken: Kein Georg Brandt, kein Ian G., keine Nolo. Nach der
Trennung von Chefautor Jan Gaspard musste man einen Neustart der Serie
vornehmen. Neustart bedeutet: neue Figuren, neue Namen und eine komplett neue
Handlung. Warum dies dem Hörer unter dem Namen Offenbarung 23 verkauft wird,
vermag nur durch marketingtechnische Gründe zu erklären sein.
Aber worum geht es denn nun, in dieser neuen, der 30. Folge der Serie? Der
Rettungssanitäter Tom Baumann (ehemals Georg Brand und immer noch gesprochen
von David Nathan) wird in einer Nacht- und Nebelaktion von seinen Freunden
Florian Bogner (ehemals Kim Schmidtke) und Pia van Boysen (Nolo) aus einer alten
Schlossruine gerettet, in der Tom gefangen gehalten und gefoltert wurde. Von
seinen Peinigern fehlt jede Spur. Hinzu kommt, dass Tom sein Gedächtnis
verloren hat. Mit Hilfe des Imbissbesitzers Jürgen Schubert, der sich als
ehemaliger Geheimdienstmann offenbart und einer Gruppe namens Organisation 13
vorsteht, gelingt es den Freunden Toms Erinnerungen Stück für Stück
zurückzugewinnen. Doch Tom will nicht nur sein Leben zurück, sondern auch die
Verantwortlichen fassen.
Wie gesagt, mit dem eigentlichen Plot von Offenbarung 23 hat diese Folge nichts
mehr gemeinsam.
Leider kann diese erste neue Folge nicht an die Brillanz der früheren
Jan-Gaspard-Stories heranreichen. Die Geschichte hat nicht den Tiefgang, den
mystischen Charakter, den man bisher von der Serie gewohnt war. Es braucht
sicherlich einige Folgen, um sich an die neuen Figuren zu gewöhnen, wobei die
Sprecher allesamt erhalten geblieben sind. Trotzdem hat man der Serie keinen
Gefallen getan. Konsequent wäre es gewesen, den Neustart mit einem neuen Titel
zu praktizieren.
Aber auch dann würde dieses Hörspiel im Vergleich mit den alten Folgen den
Kürzeren ziehen. Dies liegt schlicht und ergreifend an der Tatsache, dass
zumindest das Buch dieser Folge nicht an die alten Geschichten heranreicht.
Sicher hat man mit dem Gedächtnisverlust von Tom Baumann und der mysteriösen
Gruppe Organisation 13 erste Punkte, die durchaus ausbaufähig sind. Doch
insgesamt wirkt der Plot etwas brav und eher für eine jüngere Zielgruppe
ausgerichtet. Und eine Erklärung, dass in einem Internetcafe Rechner stehen,
die mit Windows XP ausgerüstet sind, sorgt eher für Lacher und untergraben die
Ernsthaftigkeit einer Serie, die auf Spannung ausgerichtet sein sollte.
Auch die Vielzahl von Figuren sorgt dafür, dass man sich wünscht, Autor Lars
Peter Lueg hätte die eine oder andere Figur erst in der nächsten Folge
auftauchen lassen.
Insgesamt bleibt festzustellen, dass sich Lübbe Audio mit diesem Neustart
keinen wirklichen Gefallen getan hat. Eingefleischte Fans der Serie wird man mit
dieser Folge nicht überzeugen. Zu gravierend sind die Unterschiede. Etwas
differenzierter betrachtet beleibt die Erkenntnis, dass "Lazarus"
nicht so schlecht ist, wie es in manchen Internetforen gemacht wurde. Jedoch
bleibt bei einem Vergleich zum bisherigen Plot noch reichlich Platz für
Verbesserungen.
Fazit
Offenbarung 23 geht neue Wege: Bevor man sich auf die "neuen" Folgen
einlässt, sollte man sich gedanklich komplett von den alten Handlungssträngen
verabschieden. Ist dies geschehen, kann man sich auf den neuen Plot einlassen
und wird mit einem durchaus spannenden Hörspiel belohnt. Sicher, vieles ist
noch nicht optimal und der relativ schlichte und saloppe Tonfall kann etwas
anspruchsvoller werden. Man wird sehen, was die nächsten Folgen bringen.
Vorgeschlagen von Michael Krause
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veröffentlicht am 28. Oktober 2009 2009-10-28 17:21:59