Waren es in der letzten Zeit eher London, Paris und Prag die sich als
Schauplätze phantastischer Abenteuer anboten, so tritt die russische Metropole
Moskau in den Vordergrund. Nach Sergej Lukianenko und seiner Wächter-Romanen
und Dmitry Glukhovsky mit Metro 2033 führt uns nun die in Moskau geborene
Ekaterina Sedia mit der Erzählung Die Geheime Geschichte Moskaus in die den
Untergrund der Hauptstadt Russlands. In Deutschland hat das Thema einer
unterirdischen Stadt Christoph Marzi mit seinen Somnia-Romanen aufgenommen,
während Neil Gaiman sich dies Thema für London überlegte.
In einem Moskau, dass sich ganz wie die USA dem Kapitalismus hingegeben hat,
hat sich das Leben verändert. Viele Menschen, und nicht nur die, haben sich in
den Untergrund verzogen, um so aus ihrem einstigen Leben auszusteigen. Es ist
ein Leben voller Armut, Hunger und Arbeitslosigkeit. Ein trostloses,
hoffnungsloses Leben. Manchmal tauchen sie freiwillig, manchmal
gezwungenermassen ab. Plötzlich verschwinden Menschen spurlos. Die junge Frau
Galina, 24 Jahre alt, ist direkt betroffen, als ihre Schwester Mascha
verschwindet. Galina wohnt noch bei ihrer Mutter, die sich immer wieder darüber
aufregt, dass Galina keinen Mann abbekommt. Das liegt vielleicht daran, dass sie
unter Bewusstseinsspaltung leidet. Als die Schwester Mascha sich für ein paar
Minuten ins Bad zurückzieht, kehrt sie nicht mehr zurück. Galina bricht mit
ihrer Mutter die Tür auf und finden nur noch das Baby und eine Dohle. Der
schwarze Vogel versucht sich bei Galina einzuschmeicheln, hat aber keinen
Erfolg. Dafür trifft Galina in der Stadt plötzlich auf einen Schwarm Vögel
der unterschiedlichsten Art, und wieder die Dohle.
Der alkoholabhängige Strassenmaler Fjodor sah die Vögel auch. Er kommt mit
Galina ins Gespräch und wäre bereit, Galina etwas ganz besonderes zu
zeigen.
Galina triff auch auf den Polizisten Jakov. Jakov kann sogar noch mehr zum
verschwinden der Menschen beisteuern, denn vor seinen Augen verwandelte sich ein
Mensch in einen Vogel. Jakov ermittelt bereits wegen zahllos verschwundener
Menschen und so ist Mascha nur eine weitere Person. Eine Zahl, nicht mehr, nicht
weniger. Gegen Abend trifft sich Galina mit Fjodor, Jakov im Schlepptau. Fjodor
führt die beiden in die U-Bahnstation und nimmt sie mit in den Untergrund.
Hinter einem Tor erstreckt sich eine neue Welt, die die beiden nicht erwartet
hatten. Es besteht hier eine kleine Stadt und noch eigenartigerer Wald. An
diesem Ort scheint Magie zu wirken, denn man altert nicht und so trifft man auf
die unterschiedlichsten Menschen aus allerlei Epochen. In den Untergrund
flüchteten sich nicht nur die von der Gesellschaft ausgestossenen Menschen oder
die, die der Gesellschaft freiwillig den Rücken kehrten, sondern auch
Vogelschwärme und manch andere Wesensheiten. Im Moskauer Untergrund finden sich
nicht nur die Menschen der unterschiedlichsten Zeitalter, sondern auch die
Figuren aus alten russischen Sagen und Legenden.
Wie im richtigen Leben läuft hier auch nicht alles nach Plan. Es stellen sich
dem Einzelnen wie auch den unterschiedlichsten Gruppierungen ungeahnte Probleme
in den Weg. Eine kleine Gemeinschaft von Unterweltlern macht sich auf den Weg,
um als eine Art problemlösende Interessengemeinschaft herauszufinden, warum und
wie sich die Magie der Unterweltler in die Oben-Welt verbreitete.
Fazit
Das Motiv, Magie in der Jetztzeit, Jetztwelt, ist sicher nicht neu, die
nichtssagenden Namen wie Romantasy und urban fantasy hören sich gut an, stellen
aber dennoch nur leere Worthülsen dar. Es ist so, als wolle man ein Schaf unter
dem Namen kuscheliger Fleischlieferant neu vermarkten. Die Welt von Ekaterina
Sedia ist eine Welt, wie sie für einen westlichen Leser nicht fesselnder sein
könnte. Wer kennt schon Wesen wie Rusalki, Himmelskuh Zemun, Kaschtscheis oder
Wotjano? Die Hauptfiguren, die von der Autorin gut eingeführt werden, sind
keine strahlenden Helden sondern gebrochene Persönlichkeiten. Die Autorin
erklärt wortreich ihre Figuren, führt sie auf schnellem Weg ein und
gleichzeitig in die Handlung. Von Null auf Hundert ist der Leser mit dem
Geheimnis der Vögel gegenübergestellt. Zu Anfang ist die Geschichte noch
interessant, aber mit der Zeit treten zu viele Figuren auf und die Handlung
schwächelt. Dabei ist es durchaus möglich, den Roman ohne die Kenntnis der
russischen Mythologie zu lesen. Neben allen handelnden Figuren und
Handlungssträngen kommt das Ende relativ schnell und unbefriedigend.
Vorgeschlagen von erik schreiber
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veröffentlicht am 16. September 2009 2009-09-16 07:07:16