Porphyrios (ca. 234-ca. 304 n.Chr.) stellt sich mit seinem Buch über die
Enthaltsamkeit zwischen alle Fronten. Er lehnt das Töten für die heidnische
Opferpraxis und das Fleischessen vehement ab, setzt aber auch der christlichen
Religiosität die Auffassung entgegen, daß alle Lebewesen und der Kosmos nicht
bloß "Schöpfung", sondern selbst göttlich seien. Mit seiner
vorliegenden Schrift über die Enthaltung von fleischlicher Nahrung, oder
übersetzte man es wörtlich: über die Enthaltsamkeit von beseelten Wesen,
vertrat er einen ethisch begründeten und auch asketisch motivierten
Vegetarismus.
Er kritisiert die Tieropfer, die einer philosophisch aufgefassten
Religionsausübung nicht angemessen seien. Als einzig wesentliches Ziel
betrachtete er die Reinigung und Reinhaltung der Seele, womit ihr das
Ausscheiden aus dem Kreislauf der Seelenwanderung ermöglicht werden soll.
Tugendhaftes Leben zum Zwecke der Selbstvergöttlichung also erfordert für ihn
strenge Vorschriften aus Vernunft, besonders was das alltägliche Verhalten
betrifft. Das Opfern und Essen von beseelten Lebewesen ist für Porphyrios
moralisch nicht zu rechtfertigen und habe zudem dämonologische Konsequenzen.
Mit dieser Schrift erweitert sich endlich das Bild über den griechischen
Philosophen, der lediglich als "Christenhasser" bekannt ist.
Es erweitert sich um ein Bild, das zum Zwecke der Sittlichkeit vor konkreten
Lebensmaximen nicht halt macht. Für Porphyrios stammen die Keimformen allen
Lebens aus der Seele. Je vollkommener ein Wesen also ist, desto mehr wendet es
sich seinem Erzeuger, Gott selbst, zu. Die beste Arbeit in diese Richtung ist
die stetige Arbeit des Geistes parallel zur physischen Enthaltung von
fleischlicher Nahrung, die der Philosoph mit der Annahme einer Beseeltheit der
Tierwelt begründet: Tierseelen sind wie Menschenseelen auch unsterblich. - Dies
sei Grund genug, sich von deren Genuß zu enthalten.
Diese umfassende asketische Ethik des Porphyrios geht zudem davon aus, daß das
Sein gestuft ist, der Mensch zu den Tieren und den Pflanzen einerseits und zum
Göttlichen andererseits nur graduelle Unterschiede besitze, die zudem
veränderlich sind. Das Christentum dagegen ziehe tiefe Gräben zwischen dem
Menschen und den Lebewesen und zwischen dem Menschen und Gott, gegenüber dem im
Christentum der Mensch nur Geschöpf sei anstelle eines eigengöttlichen
Potentials. Die heidnische Philosophie von Porphyrios gibt hiermit nun eine
Antwort auf die Frage, wie man richtig leben und sich dadurch Gott angleichen
kann und reduziert sich auf kein dogmatisches Lehrgebäude.
Das Töten von Tieren und das Fleischessen ("Sarkophagie") sei durch
keinerlei Gründe zu rechtfertigen. Das vorliegende Buch des umfassend
gebildeten Universalgelehrten strahlt damit tiefe Achtung, Sympathie und
Verständnis für alle beseelten Wesen aus. Es zieht klare Rückschlüsse auf
den Menschen selbst:
1. Der wahrhaft fromme Mensch opfere keine Tiere.
2. Was man mit seinem Opfer der Seele beraubt, wie etwa bei gleichermaßen
vernunftbegabten Tieren, dürfe man nicht opfern.
3. Eine entsprechende Enthaltsamkeit zeuge auch von Respekt gegenüber dem
Menschen selbst.
Fazit
Fazit: Das Vermeiden des Tieressens kommt dem Vermeiden der Ungerechtigkeit in
der Ernähung gleich. Porphyrios behauptet nicht nur, sondern seine asketische
Ethik besitzt eine beeindruckende philosophische Tiefenfundierung.
Vorgeschlagen von Daniel Bigalke
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veröffentlicht am 02. Juni 2009 2009-06-02 11:15:40