Jonathans Vater stammt von den Philippinen und lebt seit Jahren mit seiner
deutschen Frau in Deutschland. Beim ersten Besuch in der Heimat nach 18 Jahren
will er Frau und Sohn natürlich alle Orte seiner Kindheit zeigen und alle
Verwandten besuchen. Gegen das ausdrückliche Verbot seiner Eltern verlässt der
12-jährigen Jonathan allein das Hotel in Manila. Jonathan fühlt sich als
Großstädter, sein Vater hatte stets darauf bestanden, dass Jonathan die
philippinische Landessprache Tagalog lernt - was soll ihm mitten unter seinen
Landsleuten schon groß passieren? In der Umgebung des Hotels fällt Jonathan
mit seinen asiatischen Gesichtszügen und in westlicher Kleidung kaum auf. Doch
als der Junge das Geschäftsviertel mit seinen glitzernden Einkaufspassagen
verlässt, gerät er in ein Gewirr ärmlicher Gassen, in denen Kinder
offensichtlich auf der Straße leben und Klebstoff schnüffeln. Ehe Jonathan
sich versieht, wird er ausgeraubt und zusammengeschlagen. Hose, Schuhe, Geld und
Pass sind weg - und nun unterscheidet Jonathan äußerlich nichts mehr von den
Kindern auf der Straße. "Guck dich doch an, so einer wie du wohnt nicht im
Golden Palace" meinen die Straßenkinder Arnel, Dennis und Marlon, die
Jonathan zu Hilfe kommen.
Jonathan sieht sich als Opfer, ist entschlossen den Überfall bei der Polizei
anzuzeigen. Doch so, wie die Kinder aussehen, werden sie von der Straße weg
wegen Diebstahl einer Flasche Wasser verhaftet. Schon auf dem Gefängnishof muss
Jonathan einsehen, dass die Kinder, die er hier sieht, keinerlei Rechte haben,
sie alle wurden verhaftet, weil sie arm sind und niemand nach ihnen suchen wird.
Nicht nur, dass es im Gefängnis vor Ratten und Kakerlaken wimmelt, Jonathan
muss zuallererst die Knast-Hierarchie akzeptieren. Nur wer schon lange
"drin" ist, kann einen Schlafplatz und die Achtung der anderen Kinder
beanspruchen. Schnell wird klar, dass Jonathan ohne Arnel, Dennis und Marlon
hier allein keine Chance hätte. Nur eine Gruppe schafft es im Gefängnis, genug
Essen aufzutreiben. Jonathan versucht beständig, darauf aufmerksam zu machen,
dass er Tourist sei, dass er seiner Meinung nach zu Unrecht verhaftet wurde -
doch für ein Kind, das ohne Hose aufgegriffen wurde, interessiert sich in
Manila niemand. Wenn Jonathan je wieder aus diesem Gefängnis heraus will, muss
er Geld verdienen und mit diesem Geld eine Nachricht an seine Eltern nach
draußen schmuggeln.
Fazit
Rüdiger Bertram will mit seinem Theater- und Jugendbuch-Projekt auf die
Lebenssituation philippinischer Straßenkinder aufmerksam machen. Jonathan kann
sich für einen Jungen, der zum ersten Mal in Manila ist, auffällig problemlos
in Tagalog verständigen. Abgesehen von diesem Kunstgriff versteht der Autor mit
einer spannende Geschichte aus der Sicht eines jugendlichen
Philippinen-Urlaubers zu fesseln, der sich über die Lebensbedingungen
Gleichaltriger vor seiner Reise kaum Gedanken gemacht hat
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 02. Juni 2009 2009-06-02 08:54:23