Im Winter 1953 bestimmt die Angst das Leben in der Sowjetunion. Die
Staatssicherheit hat Augen und Ohren überall und jeder denunziert jeden, um die
eigene Haut zu retten. Einer der Staatssicherheitsmitarbeiter ist Leo Demidow.
Der hochdekorierte Kriegsheld wird zu einem Kollegen geschickt, dessen Sohn
Fjodor brutal ermordet wurde. Jedoch entspricht diese Tatsache nicht der
herrschenden Ideologie, nach der es im Sozialismus keine Verbrechen gibt. Leo
gelingt es, den verzweifelten Vater zum Schweigen zu bringen. Jedoch lässt ihn
das Schicksal des kleinen Fjodor nicht los. Leo beginnt eigene Ermittlungen
anzustellen und stellt fest, dass immer mehr Kinder einem bestialischen Killer
zum Opfer fallen. Seine Nachforschungen stoßen aber auf wenig Gegenliebe, denn
der Staatsapparat bestraft die kleinste Abweichung mit allergrößter Härte.
Leos Familie wird inhaftiert und zusammen mit seiner Ehefrau Raisa führt er
eine spektakuläre Flucht durch. Von seinen ehemaligen Kollegen gejagt hat er
nur ein Ziel: den Mörder zu stoppen.
Der russische Serienmörder Andrei Tschikatilo lieferte Tom Rob Smith die
Vorlage für sein wirklich außergewöhnliches Debüt. Neben dem ausgezeichneten
Krimiplot gelingt es ihm vor allem, ein erschütterndes Porträt des
stalinistischen Russlands zu zeichnen. Die Verwandlung von Leo Demidow vom
linientreuen Mitarbeiter der Staatssicherheit zu einem Zweifler ist sicherlich
der tatsächliche Höhepunkt des Romans.
Überhaupt rutscht die eigentliche Romanhandlung, die Suche nach dem Mörder, in
der ersten Hälfte des Thrillers in den Hintergrund. Hier stehen Leo Demidow und
seine Karriere im Mittelpunkt. Zwar hat dieser Teil ein paar kleine Längen, das
Lesevergnügen wird aber nicht geschmälert. Im zweiten Teil rutscht dann die
Suche nach dem Mörder in den Fokus. Zusammen mit seiner Frau Raisa begibt sich
Leo auf eine Suche, die ihm alles abverlangt. Hier kann Tom Rob Smith neben der
tollen Thrillerhandlung auch mit einer überzeugenden Lovestory aufwarten, denn
das Verhältnis zwischen den Eheleuten Demidow ist anders, als man anfangs
glauben möchte.
Abgerundet wird der Thriller mit einer ausgezeichneten Lösung, die auch geübte
Krimileser absolut überzeugen wird.
Fazit
"Kind 44" ist ein atmosphärischer Thriller, der dem Leser eine
packende Geschichte aus dem stalinistischen Russland erzählt. Ein Debüt, das
Lust auf Mehr macht.
Vorgeschlagen von Michael Krause
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veröffentlicht am 25. Februar 2009 2009-02-25 18:19:22