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Ronald D. Gerste: Abraham Lincoln

Abraham Lincoln

von Ronald D. Gerste
Verlag: Pustet [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Biografie
ISBN-13 978-3-7917-2130-9

Preis: 12,42 Euro bei Amazon.de [Stand: 21. November 2024]
Zum 200. Mal jährt sich im Februar 2009 der Geburtstag des Mannes, den die Amerikaner - nach Meinungsumfragen - als ihren größten Präsidenten betrachten. Außerdem wurde im Januar 2009 mit Obama der Mann in Washington vereidigt, der erklärtermaßen in Abraham Lincoln sein großes Vorbild sieht. Der unter ärmlichen Verhältnissen aufgewachsene Abraham Lincoln wurde im Jahre 1860 zum Präsidenten der USA gewählt. Zu jener Zeit herrschte im Süden der USA Sklaverei. Dies lag vor allem an der dort verbreiteten Plantagenwirtschaft. Bis 1860 stieg ihre Zahl auf über ein Drittel der südlichen Gesamtbevölkerung an. Die meisten Sklaven waren als Landarbeiter tätig, davon der größte Teil in der Baumwollindustrie, dessen Exporte unter anderem nach Europa, etwa nach Großbritannien, ausgeführt wurden. Um 1800 begann sich ein schärferer Gegensatz zwischen Nord- und Südstaaten herauszubilden. Die Wirtschaft des Nordens beruhte auf freier Arbeit, seine Industrialisierung schritt deutlich schneller fort als im agrarisch geprägten Süden. Ein gewaltsamer Konflikt zwischen beiden Wirtschaftsformen konnte 1820 im sogenannten Missouri Kompromiss gefunden werden. Er besagte, dass das Gleichgewicht zwischen Sklavenstaaten und freien Staaten gewahrt werden müsse, und damit auch das politische Gleichgewicht in der gemeinsamen Union. Südlich einre Trennlinie - der so genannten Mason-Dixon-Linie - sollte Sklavenhaltung erlaubt sein, nördlich davon nicht - mit Ausnahme des Staates Missouri, in welchem Skalverei erlaubt bleiben sollte, obwohl er sich nördlich dieser Linie befand. Um 1830 radikalisierte sich die sogenannte Abolitionisten-Bewegung, die sich für die Beseitigung der Sklaverei einsetzte. Zur weiteren Popularisierung des Anti-Sklaverei-Gedankens trug der 1852 erschienene Roman "Onkel Toms Hütte" von Harriet Beecher-Stove bei. Der schwelende Konflikt wurde 1854 durch die Aufhebung des Missouri-Kompromisses durch den sogenannten Kansas-Nebraska-Akt weiter aufgeheizt werden. Danach konnten in den westlichen Territorien die Einwohner der neu entstehenden Staaten eigenständig und frei darüber entscheiden, ob sie Sklaven halten wollten oder nicht. Die Reaktion im Norden blieb nicht aus. Es bildete sich im gleichen Jahr die Republikanische Partei, zu deren Spitzenkandidaten Lincoln ausgerufen wurde. Seine Gegner konnten sich nicht auf einen einheitlichen Kandidaten bei den Präsidentschaftswahlen 1860 einigen und so gewann Lincoln die Wahl. Daraufhin verließ South Carolina die Union, obwohl das republikanische Wahlprogramm erklärt hatte, die Sklaverei in den Gebieten, in denen sie bereits bestand, unangetastet zu lassen und damit die Souveränität der Einzelstaaten zu respektieren. Lincoln selbst war also keineswegs ein Verfechter des sofortigen Ausstiegs aus der Sklaverei. Doch hatte er sich stets gegen die Ausweitung der Sklaverei gewandt. Er hielt sie für unvereinbar mit den Idealen der Gründungsväter der USA.

Bis zum Juni 1861 schlossen sich mit Ausnahme einiger "Grenzstaaten" zum Norden hin alle weiteren Südstaaten dem Schritt South Carolinas an und gründeten die Confederated States of America (CSA). Am 4. März 1861 hielt Lincoln seine Inaugurationsrede. In ihr versicherte er, in den Staaten, in denen das System der Sklaverei bereits bestand, nicht eingreifen zu wollen. Dazu sei er von der Verfassung her nicht berechtigt. Linconl ging es in dieser Phase des Konfliktes ausschließlich um den Erhalt der Union. Am 12. April 1861 brach der Bürgerkrieg mit der Beschießung des Bundesforts Sumter bei Charleston durch die Regierung von South Carolina aus. Beide Kriegsparteien führten den Kampf im Namen der Freiheit. Es handelte sich zunächst weniger um eine Auseinandersetzung um die Sklaverei als um das Aufeinanderprallen zweier Freiheitsverständnisse, die miteinander unvereinbar waren. Für den Süden ging es um den Kampf gegen den Versuch des Nordens, dem Süden sein politisches und ökonomisches System aufzuzwingen. Der Süden kämpfte für das Recht auf Selbstverwaltung, ökonomische Sicherheit und die Sicherheit des Eigentums, für die Sklaven gehalten wurden. Für den Norden hingegen verkörperte die einheitliche amerikanische Nation das System der Freiheit. Deshalb galt es, die "Union" um jeden Preis zu erhalten. Freiheit wurde hier nicht als individuelles Recht verstanden, sondern als Gemeinschaftsaufgabe einer freien Nation.

Lincoln erkannte, dass es zur Legitimierung des grausamen Bürgerkrieges nicht ausreichte, die Union zu erhalten bzw. Nord- und Südstaaten gewaltsam "wiederzuvereinigen." Um Unterstützung für sein diesbezügliches Anliegen zu erhalten, unterzeichnete er am 1. Januar 1863 die sogenannte Emancipation Proclamation und gab seinem Kriegsziel ein übergeordnetes "ideologisches" Motiv: das Motiv der Befreiung der Sklaven. Damit veränderte sich auch die Motivation der nördlichen Soldaten, die nun für eine Union kämpften, deren Freiheit erhalten werden musste. Dafür war die Zerschlagung der Skalverei notwendig. Die Identifikation der Nation mit dem Freiheitsgedanken führte zu einer Neubelebung des Nationalismus. Nationale Einheit und der Kampf für universle Rechte waren nun eng miteinander verbunden.

Die Niederlage der konföderierten Truppen bei Gettysburg in Pennsylvania im Juli 1863 markierte den Beginn der Niederlage des Südens und beendete zugleich dessen Hoffnungen auf ein europäisches Eingreifen in den Krieg. Anlässlich der Eröffnung des nationalen Soldatenfriedhofs in Gettysburg hielt Lincoln am 19. November 1863 eine kurze Ansprache. Ganz offensichtlich sah Lincoln in der offiziellen Beendigung der Schlacht am 4. Juli 1863, dem Jahrestag der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, ein Symbol. Deshalb verwies er in seiner berühmt gewordenen "Gettysburg Adress" auf die amerikansichen Gründungsväter; sie hatten eine Nation geschaffen, die auf Freiheit und Gleichheit basierte. Den "Bürgerkrieg" bezeichnete Lincoln als Belastungsprobe für die Überlebensfähigkeit der Grundprinzipien der amerikanischen Demokratie. Die Gefallenen hatten nach Lincoln für die Weiterexistenz der Nation ihr Leben geopfert und damit die Erde bei Gettysburg "geweiht und heiligt." Lincoln hoffte für die Union auf eine "neue Geburt in Freiheit" als Folge des Krieges.

Lincoln genoß spätestens seit dieser Rede, die religiöses und säkulares Freizheitsverständnis miteinander verband, enormes öffentliches Ansehen und war als Präsident einer "freien Republik" zu einem Freiheitssymbol geworden. 1864 erneut zum Präsidenten gewählt, erlebte er die Niederlage des Südens und die Beendigung des Krieges mit. Der Süden hatten den Krieg nicht nur aufgrund seiner materiellen Unterlegenheit gegenüber dem industrialisierten Norden verloren, sondern auch deshalb, weil sich sein Anliegen als moralisch zu schweach erwiesen hatte. Das Freiheitsverständnis des Nordens, welche Freiheit im Sinne der Gründerväter als universales Prinzip proklamiert hatte, hatte sih letztlich durchgesetzt. Doch die Erbitterung des geschlagenen Südens kannte keine Grenzen. Zwar hatte Lincoln in seiner zweiten Inaugurationsansprache am 4. März 1865 zu Versöhnung und Frieden aufgerufen, doch erbitterte Rassisten aus den Südstaaten schworen Rache. Am 11. April 1865 hielt Lincoln anlässlich der grossen Freiedensfeier vor dem Weißen Haus seine letzte Ansprache. Er schlug keine triumphalen Töne an, sondern beleuchtete zukunftsgerichtet seine Vorstellungen zur Wiedervereinigung der Union. Zum ersten Mal ließ er in dieser Rede durchblicken, dass er der Forderung aus seiner Partei, das allgemeine Wahlrecht auf die befreiten Sklaven einzuführen, aufgeschlossen gegenüberstand. Zwar plädierte er in seiner Rede lediglich für ein selektives Wahlrecht für die "sehr intelligenten" unter ihnen und für diejenigen, welche Wehrdienst geleistet hätten. Doch schon dieses Zugeständnis an die radikale Fraktion der Abolitionisten in seiner republikanischen Partei bedeutete sein Todesurteil: unter den Zuhörern seiner Rede befand sich der fanatische südstaatliche Schauspieler John Wilkes Booth, der an dieser Stelle seinem Nebenmann zumurmelte: "Das bedeutet Nigger-Bürgerrecht. Das ist die letzte Rede, die er je gehalten haben wird." Vier Tage später ermordete Booth Lincoln im Ford`s Theater in Washington. Einer der größten Präsidenten Amerikas war tot.

Den - beeindruckenden - Lebensweg dieses Mannes beschreibt Ronald D. Gerste, Historiker, Arzt und Amerika-Fachmann, sehr packend in seiner bewegenden Biographie, die den Menschen Lincoln beleuchtet. Wer diese Biographie gelesen hat, weiß viel über den Menschen Lincoln, seine Motive und sein Wirken. Die Biographie sieht Lincoln sehr positiv und zeichnet ein enthusiastisches Bild des 16. Präsidenten der USA. Kritische Aspekte, wie die Aufhebung der Habeas-Corpus-Akte durch Lincoln sieht er als kriegsbedingte Notwendigkeit an. Scharf distanziert er sich von Lebensbeschreibungen Lincolns, wie sie der amerikanische Romancier Gore Vidal gezeichnet hat. Gerste gehört jenem Zweig der Geschichtswissenschaft an, der der Rolle der Persönlichkeit in der Geschichte großen Platz enräumt. Ausdrücklich kritisiert er den sogenannten backlash, das Zurückschwingen des Pendels zugunsten einer überkritischen Haltung gegenüber "großen Persönlichkeiten" im späten 20. Jahrhundert.

Zum 200. Mal jährt sich im Februar 2009 der Geburtstag des Mannes, den die Amerikaner - nach Meinungsumfragen - als ihren größten Präsidenten betrachten. Außerdem wurde im Januar 2009 mit Obama der Mann in Washington vereidigt, der erklärtermaßen in Abraham Lincoln sein großes Vorbild sieht. Der unter ärmlichen Verhältnissen aufgewachsene Abraham Lincoln wurde im Jahre 1860 zum Präsidenten der USA gewählt. Zu jener Zeit herrschte im Süden der USA Sklaverei. Dies lag vor allem an der dort verbreiteten Plantagenwirtschaft. Bis 1860 stieg ihre Zahl auf über ein Drittel der südlichen Gesamtbevölkerung an. Die meisten Sklaven waren als Landarbeiter tätig, davon der größte Teil in der Baumwollindustrie, dessen Exporte unter anderem nach Europa, etwa nach Großbritannien, ausgeführt wurden. Um 1800 begann sich ein schärferer Gegensatz zwischen Nord- und Südstaaten herauszubilden. Die Wirtschaft des Nordens beruhte auf freier Arbeit, seine Industrialisierung schritt deutlich schneller fort als im agrarisch geprägten Süden. Ein gewaltsamer Konflikt zwischen beiden Wirtschaftsformen konnte 1820 im sogenannten Missouri Kompromiss gefunden werden. Er besagte, dass das Gleichgewicht zwischen Sklavenstaaten und freien Staaten gewahrt werden müsse, und damit auch das politische Gleichgewicht in der gemeinsamen Union. Südlich einre Trennlinie - der so genannten Mason-Dixon-Linie - sollte Sklavenhaltung erlaubt sein, nördlich davon nicht - mit Ausnahme des Staates Missouri, in welchem Skalverei erlaubt bleiben sollte, obwohl er sich nördlich dieser Linie befand. Um 1830 radikalisierte sich die sogenannte Abolitionisten-Bewegung, die sich für die Beseitigung der Sklaverei einsetzte. Zur weiteren Popularisierung des Anti-Sklaverei-Gedankens trug der 1852 erschienene Roman "Onkel Toms Hütte" von Harriet Beecher-Stove bei. Der schwelende Konflikt wurde 1854 durch die Aufhebung des Missouri-Kompromisses durch den sogenannten Kansas-Nebraska-Akt weiter aufgeheizt werden. Danach konnten in den westlichen Territorien die Einwohner der neu entstehenden Staaten eigenständig und frei darüber entscheiden, ob sie Sklaven halten wollten oder nicht. Die Reaktion im Norden blieb nicht aus. Es bildete sich im gleichen Jahr die Republikanische Partei, zu deren Spitzenkandidaten Lincoln ausgerufen wurde. Seine Gegner konnten sich nicht auf einen einheitlichen Kandidaten bei den Präsidentschaftswahlen 1860 einigen und so gewann Lincoln die Wahl. Daraufhin verließ South Carolina die Union, obwohl das republikanische Wahlprogramm erklärt hatte, die Sklaverei in den Gebieten, in denen sie bereits bestand, unangetastet zu lassen und damit die Souveränität der Einzelstaaten zu respektieren. Lincoln selbst war also keineswegs ein Verfechter des sofortigen Ausstiegs aus der Sklaverei. Doch hatte er sich stets gegen die Ausweitung der Sklaverei gewandt. Er hielt sie für unvereinbar mit den Idealen der Gründungsväter der USA.

Bis zum Juni 1861 schlossen sich mit Ausnahme einiger "Grenzstaaten" zum Norden hin alle weiteren Südstaaten dem Schritt South Carolinas an und gründeten die Confederated States of America (CSA). Am 4. März 1861 hielt Lincoln seine Inaugurationsrede. In ihr versicherte er, in den Staaten, in denen das System der Sklaverei bereits bestand, nicht eingreifen zu wollen. Dazu sei er von der Verfassung her nicht berechtigt. Linconl ging es in dieser Phase des Konfliktes ausschließlich um den Erhalt der Union. Am 12. April 1861 brach der Bürgerkrieg mit der Beschießung des Bundesforts Sumter bei Charleston durch die Regierung von South Carolina aus. Beide Kriegsparteien führten den Kampf im Namen der Freiheit. Es handelte sich zunächst weniger um eine Auseinandersetzung um die Sklaverei als um das Aufeinanderprallen zweier Freiheitsverständnisse, die miteinander unvereinbar waren. Für den Süden ging es um den Kampf gegen den Versuch des Nordens, dem Süden sein politisches und ökonomisches System aufzuzwingen. Der Süden kämpfte für das Recht auf Selbstverwaltung, ökonomische Sicherheit und die Sicherheit des Eigentums, für die Sklaven gehalten wurden. Für den Norden hingegen verkörperte die einheitliche amerikanische Nation das System der Freiheit. Deshalb galt es, die "Union" um jeden Preis zu erhalten. Freiheit wurde hier nicht als individuelles Recht verstanden, sondern als Gemeinschaftsaufgabe einer freien Nation.

Lincoln erkannte, dass es zur Legitimierung des grausamen Bürgerkrieges nicht ausreichte, die Union zu erhalten bzw. Nord- und Südstaaten gewaltsam "wiederzuvereinigen." Um Unterstützung für sein diesbezügliches Anliegen zu erhalten, unterzeichnete er am 1. Januar 1863 die sogenannte Emancipation Proclamation und gab seinem Kriegsziel ein übergeordnetes "ideologisches" Motiv: das Motiv der Befreiung der Sklaven. Damit veränderte sich auch die Motivation der nördlichen Soldaten, die nun für eine Union kämpften, deren Freiheit erhalten werden musste. Dafür war die Zerschlagung der Skalverei notwendig. Die Identifikation der Nation mit dem Freiheitsgedanken führte zu einer Neubelebung des Nationalismus. Nationale Einheit und der Kampf für universle Rechte waren nun eng miteinander verbunden.

Die Niederlage der konföderierten Truppen bei Gettysburg in Pennsylvania im Juli 1863 markierte den Beginn der Niederlage des Südens und beendete zugleich dessen Hoffnungen auf ein europäisches Eingreifen in den Krieg. Anlässlich der Eröffnung des nationalen Soldatenfriedhofs in Gettysburg hielt Lincoln am 19. November 1863 eine kurze Ansprache. Ganz offensichtlich sah Lincoln in der offiziellen Beendigung der Schlacht am 4. Juli 1863, dem Jahrestag der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, ein Symbol. Deshalb verwies er in seiner berühmt gewordenen "Gettysburg Adress" auf die amerikansichen Gründungsväter; sie hatten eine Nation geschaffen, die auf Freiheit und Gleichheit basierte. Den "Bürgerkrieg" bezeichnete Lincoln als Belastungsprobe für die Überlebensfähigkeit der Grundprinzipien der amerikanischen Demokratie. Die Gefallenen hatten nach Lincoln für die Weiterexistenz der Nation ihr Leben geopfert und damit die Erde bei Gettysburg "geweiht und heiligt." Lincoln hoffte für die Union auf eine "neue Geburt in Freiheit" als Folge des Krieges.

Lincoln genoß spätestens seit dieser Rede, die religiöses und säkulares Freizheitsverständnis miteinander verband, enormes öffentliches Ansehen und war als Präsident einer "freien Republik" zu einem Freiheitssymbol geworden. 1864 erneut zum Präsidenten gewählt, erlebte er die Niederlage des Südens und die Beendigung des Krieges mit. Der Süden hatten den Krieg nicht nur aufgrund seiner materiellen Unterlegenheit gegenüber dem industrialisierten Norden verloren, sondern auch deshalb, weil sich sein Anliegen als moralisch zu schweach erwiesen hatte. Das Freiheitsverständnis des Nordens, welche Freiheit im Sinne der Gründerväter als universales Prinzip proklamiert hatte, hatte sih letztlich durchgesetzt. Doch die Erbitterung des geschlagenen Südens kannte keine Grenzen. Zwar hatte Lincoln in seiner zweiten Inaugurationsansprache am 4. März 1865 zu Versöhnung und Frieden aufgerufen, doch erbitterte Rassisten aus den Südstaaten schworen Rache. Am 11. April 1865 hielt Lincoln anlässlich der grossen Freiedensfeier vor dem Weißen Haus seine letzte Ansprache. Er schlug keine triumphalen Töne an, sondern beleuchtete zukunftsgerichtet seine Vorstellungen zur Wiedervereinigung der Union. Zum ersten Mal ließ er in dieser Rede durchblicken, dass er der Forderung aus seiner Partei, das allgemeine Wahlrecht auf die befreiten Sklaven einzuführen, aufgeschlossen gegenüberstand. Zwar plädierte er in seiner Rede lediglich für ein selektives Wahlrecht für die "sehr intelligenten" unter ihnen und für diejenigen, welche Wehrdienst geleistet hätten. Doch schon dieses Zugeständnis an die radikale Fraktion der Abolitionisten in seiner republikanischen Partei bedeutete sein Todesurteil: unter den Zuhörern seiner Rede befand sich der fanatische südstaatliche Schauspieler John Wilkes Booth, der an dieser Stelle seinem Nebenmann zumurmelte: "Das bedeutet Nigger-Bürgerrecht. Das ist die letzte Rede, die er je gehalten haben wird." Vier Tage später ermordete Booth Lincoln im Ford`s Theater in Washington. Einer der größten Präsidenten Amerikas war tot.

Den - beeindruckenden - Lebensweg dieses Mannes beschreibt Ronald D. Gerste, Historiker, Arzt und Amerika-Fachmann, sehr packend in seiner bewegenden Biographie, die den Menschen Lincoln beleuchtet. Wer diese Biographie gelesen hat, weiß viel über den Menschen Lincoln, seine Motive und sein Wirken. Die Biographie sieht Lincoln sehr positiv und zeichnet ein enthusiastisches Bild des 16. Präsidenten der USA. Kritische Aspekte, wie die Aufhebung der Habeas-Corpus-Akte durch Lincoln sieht er als kriegsbedingte Notwendigkeit an. Scharf distanziert er sich von Lebensbeschreibungen Lincolns, wie sie der amerikanische Romancier Gore Vidal gezeichnet hat. Gerste gehört jenem Zweig der Geschichtswissenschaft an, der der Rolle der Persönlichkeit in der Geschichte großen Platz enräumt. Ausdrücklich kritisiert er den sogenannten backlash, das Zurückschwingen des Pendels zugunsten einer überkritischen Haltung gegenüber "großen Persönlichkeiten" im späten 20. Jahrhundert.
Fazit
Wenn man diese Haltung akzeptiert, dann hat man eine packende und lesenswerte Biographie Lincolns vor sich, die die enorme Belesenheit des Autors - dokumentiert durch ein sorgfältig recherchiertes Literaturverzeichnis, zahlreiche Fußnoten, eine Zeittafel des Lebens Lincolns sowie einen Stammbaum - dokumentiert. Um es gleich zu sagen. An die - umfangreichere - Biographie von Jörg Nagler kommt diese Lebensbeschreibung an Qualität und Umfang nicht heran. Doch während sich die um 200 Seiten längere Biographie Naglers wissenschaftlichen Anspruch erhebt, ist Gerstes Lebensbeschreibung stärker an Laien gerichtet, die zwar gut informiert, aber ohne explizit wissenschaftlichem Forschungsanspruch über Lincoln und Amerika zur Zeit des Bürgerkrieges informiert werden wollen. Für diese Zielgruppe ist Gerstes Werk erstklassig: fesselnd geschrieben, spannend und voller Mitgefühl für eine große und dennoch einsame und tragische Persönlichkeit der amerikanischen Geschichte.
9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne9 Sterne

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Vorgeschlagen von Bernhard Nowak [Profil]
veröffentlicht am 31. Januar 2009

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