Toben, rennen, raufen und kämpfen als pädagogisches Angebot nehmen in der Kita
langsam zu. Lange Zeit war es in dieser frauendominierten Welt schwer, solche
Angebote als Bedürfnisse von Kindern anzunehmen und umzusetzen. Toben im
Gruppenraum ist eben ein schwieriger Balanceakt.
Toben und Bewegung waren früher eine Selbstverständlichkeit für Kinder. Sie
gingen aufs Feld, auf den Hinterhof, die Straße oder ein unbebautes Stück Land
und konnten nach Herzenslust und ohne Aufsicht ihrem Bewegungs- und Kampfesdrang
freien Lauf lassen. Heute sieht das anders aus. Die Straße ist als Spielort
nicht geeignet. Auch auf dem Hinterhof ist toben und schreien häufig nicht mehr
erwünscht. Mieter fühlen sich gestört, Blumenrabatten und Fenster könnten
Schaden nehmen. Spielplätze sind heutige Alternativen für ein freies
Bewegungsfeld. Doch wie die Autoren schreiben, ist dies zum einen kein Platz um
unbeobachtet zu spielen und zweitens finden Kinder hier nur Geräte, die
funktional gebaut sind und nicht zweckentfremdet werden können. Aber gerade
letzeres ist spannend. Ein Pädagoge kann sich nun folgende Frage stellen: Haben
wir Kinder, die besonders hyperaktiv und aggressiv sind, die einen größeren
Bewegungsdrang als frühere Kinder haben? Oder sind die Kinder genauso aktiv wie
Kinder, die vor vierzig Jahren tobten, nur fehlt ihnen heute der Raum dazu?
Kurze Praxisbeispiele aus dem Buch zeigen wie Kitas, die die Notwendigkeit von
Räumen erkannt haben, die spontane Bewegungen von Kindern zulassen, diesem
Bedürfnis entgegenkommen. Letztendlich ist es ein Umdenken von lieben Kindern,
die ruhig spielen und sich nicht streiten zu Kindern, die Bewegung nutzen und
brauchen, um Körpererfahrungen zu sammeln. Kinder, die sich viel bewegen und
auch miteinander kämpfen, sind meistens die Kinder, die sich am wenigstens
verletzen, die geschickt in ihren Bewegungsabläufen sind. Wichtig ist hierbei
in Beziehung zu einem anderen Kind zu treten, zu erfahren, welche Kraft man hat,
wie man sie einsetzen kann und wo die Grenzen sind. Schließlich geht es im
miteinander kämpfen nicht darum, jemanden zu verletzen. Das ist die wichtigste
Regel und Kinder können sie wunderbar einhalten. Tun das nicht alles auch
Tierkinder? Zusätzlich zu den Praxisbeispielen findet der Leser eine Vielzahl
an Spielideen, die zum Teil aus der eigenen Kinderzeit bekannt sind. Die
Materialien sind zum großen Teil in jeder Kita vorhanden und tobelustige Kinder
gibt es ebenso. Fehlt nur noch der Erzieher oder die Erzieherin, die sich traut,
Kämpfe und spontane Bewegungsideen zuzulassen und nur als Beobachterin
aufzutreten.
Fazit
Das Buch regt sicher jeden Pädagogen an, mehr auf die Bewegungsbedürfnisse der
Kinder einzugehen und den Raum zu schaffen, den sie hierfür benötigen. Das
aber nicht nur dann, wenn die Erzieherin dazu Zeit hat, sondern zu dem
Zeitpunkt, an dem Kinder dazu Lust haben.
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Toben, raufen, Kräfte messen. Ideen, Konzepte und viele Spiele zum Umgang mit Aggressionen (zu dieser Rezension),
Toben, raufen, Kräfte messen. Ideen, Konzepte und viele Spiele zum Umgang mit Aggressionen (allgemein zu diesem Buch)
Vorgeschlagen von Romy Bigalke-Kunert
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veröffentlicht am 11. Januar 2009 2009-01-11 13:22:21