Die Politische Ideengeschichte ist das geistige Archiv der Politikwissenschaft.
Alte Theorien werden mit neuen Zutaten versetzt und weiter entwickelt. Sie
bildet das Zentrum der Wissenschaft und muss die Forschungskomponenten immer
wieder zusammenfügen und theoretisch-integrativ vereinen. Seit der Gründung
antiker Stadtstaaten ist die politische Ideengeschichte immer wieder ihren Weg
weitergegangen. Und immer noch wird über die Frage der besten Verfassung des
Gemeinwesens gestritten. Die "Utopia" des Thomas Morus, der
"Sonnenstaat" Campanellas, Rousseaus "Gesellschaftsvertrag"
oder Fichtes "Geschlossner Handelsstaat" sind Meilensteine dieser
Auseinandersetzung.
Dieses Lexikon erschließt 160 Hauptwerke der politischen Theorie in knappen,
allgemein verständlichen Artikeln. Die auf den europäischen und
nordamerikanischen Raum konzentrierte Auswahl bietet einen repräsentativen
Überblick über alle Epochen politischen Denkens und ist ein optimales
Nachschlagewerk von höchster Spannung, da es alle prägenden Konfigurationen
politischen Denkens enthält.
Ob es das Spannungsfeld von Gewalt und Sittlichkeit - kratos und ethos - ist,
die in der Machtpolitik gipfelnde politische Verzweiflung Machiavellis oder die
Präferenz für archivarische Ideengeschichtsschreibung - bewegte Zeiten werden
die Entscheidung für starke eigene Fragestellungen infolge eigener politischer
Reflexion begünstigen und auch dafür gibt das Buch viele Beispiele ab. Die
politische Idee ist Meinecke zufolge die Verdichtung der Wahrnehmungen von
Problemen und der Vorschläge zu ihrer Bearbeitung. Stärker hat Mannheim die
soziale Situierung der Ideenproduzenten ins Auge gefasst und dabei soziale Lagen
und politische Konflikte als formative Rahmungen für Entstehung, Rezeption und
Durchsetzung politischer Ideen in die Überlegungen einbezogen.
Anders Gramsci. Er begriff z.B. die Revolutionierung entwickelter Gesellschaften
wesentlich als einen Kampf um die intellektuelle Hegemonie im Staate. Die
Schwächung des Staates im Gefolge der Globalisierung hat aber auch die Seite
des Interesses an Hobbes und seinem Konzept zum Schutz des Lebens durch Abgabe
der Souveränität an eine höhere Instanz verstärkt. Bei J. Lockes tritt zum
Leben allein noch das Eigentum hinzu, bei Rousseau die Freiheit und bei John
Stuart Mill die Fürsorglichkeit unverschuldet in Not Geratener, die das
Staatsziel nach Wohlbefinden oder Sicherheit nicht mehr erfassen konnte. Das
Vertrauen in den Fortschritt, in die Evolution der Staatsziele kann schwinden,
aber ebenso kann die Zuversicht erodieren, dass das Gemeinwohl mit politischen
Mitteln angestrebt werden und erreicht werden kann.
Je stärker die Politikwissenschaft ideengeschichtlich belehrt ist, d.h. sich de
politischen Theorien vergegenwärtigt, desto offener ist sie für
Veränderungen, und desto flexibler vermag sie diese zu erfassen. Sie ist das
Innovationszentrum des Faches. Deshalb sind die vorgestellten Schlüsselwerke
konservativen, liberalen, sozialistischen oder feministischen Denkens im
vorliegenden Buch so außerordentlich wichtig. Es gibt präzise Auskunft über
Entstehungsbedingungen, Inhalt und Wirkung der Werke, über die maßgeblichen
Ausgaben und Forschungsbeiträge.
Fazit
Mit chronologischem Werkverzeichnis, Sach- und Titelregister liegt ein
spannendes Werk vor!
Vorgeschlagen von Daniel Bigalke
[Profil]
veröffentlicht am 13. Dezember 2008 2008-12-13 14:36:41