Um es gleich zu Beginn zu sagen: Kaufen Sie dieses Buch. Egal, ob Sie sich für
Fantasy interessieren oder nur ganz allgemein eine packende, wenngleich teils
recht düstere Handlung mögen: geben Sie Abercrombie eine Chance - und wenn Sie
es nur in der Bücherei anlesen.
Man mag es immer wieder sagen: Fantasyleser haben es nicht ganz leicht, weil das
allgemeine Publikum sie gerne mit Vorurteilen von Elfen, Drachen und bösen
Zauberern konfrontiert. Dieselben Leute gehen freilich dann in den nächsten
Harry-Potter Film, weil das ja ganz anders sei... Ihnen entgeht aber eine
kleine, aber doch bemerkenswerte Revolution im Fantasy Genre. Autoren wie
Steven Erikson,
George R. R. Martin oder
R. Scott Bakker, um nur einige
bekanntere Namen zu nennen, haben das Genre gewaltig durchgeschüttelt. Der
Trend zu durchdachten, komplexen Handlungen, gebrochenen oder "grauen"
Charakteren, die nicht dem üblichen Gut-Böse Muster entsprechen, und zu einem
frischeren Stil hat das Fantasy Genre in den letzten 10 Jahren ziemlich
verändert - zum Besseren, wie man eindeutig sagen muss. Dass etwa der neue
Fantasyroman von Patrick Rothfuss es in die Top Ten der NY-Times Bestseller
geschafft hat (wie auch schon etwa Martin vor ihm), ist auch diesem Umstand zu
verdanken.
Den Namen Joe Abercrombie wird man zukünftig sicherlich zu den neuen
Spitzenautoren im Fantasybereich zählen müssen. Nachdem schon der erste Teil
der "First Law" Trilogie,
Kriegsklingen, durchaus überzeugen
konnte, steigert sich Abercrombie mit dem vorliegenden letzten Teil beachtlich
und legt einen der besten Fantasyroman der letzten Jahre vor.
Zur Handlung sei nicht allzu viel verraten: Der Magier Bayaz, der Barbar Logen
und der so von sich eingenommene, aber recht unfähige Hauptmann Jezal dan
Luthar sind von ihrer langen und beschwerlichen Reise aus dem alten Kaiserreich
zurückgekehrt. Bayaz hat sein Ziel, ein magisches Artefakt zu gewinnen, welches
ihm im Kampf gegen seinen alten Feind Khalul helfen könnte, nicht erreicht. Der
Leser hat aber im Laufe des zweiten Romans, "Feuerklingen", erfahren,
dass die Feindschaft der beiden Magier bis in eine Zeit zurückreicht, in der
faktisch magische Halbgötter auf Erden wandelten und Bayaz und Khalul die
Schüler eines von diesen Wesen, Juvens, waren. Ein schrecklicher Verrat führte
zum Tod Juvens' und zum Bruch. Bayaz gibt alle Schuld Khalul, während dieser
Bayaz als den wahren Schuldigen betrachtet. Während Bayaz im Laufe der
Jahrhunderte im Norden das Königreich der Union faktisch schmiedete, spielte
auf dem Kontinent Kanta Khalul die Rolle eines Propheten, der im Hintergrund die
Fäden zog und nun den Imperator von Gurkhal praktisch beherrscht.
Nun ist es zum Krieg zwischen der Union und Gurkhal gekommen. In der Union, die
im Norden noch immer durch den Barbaren Bethod und im Inneren von Aufständen
bedroht wird, erwartet man die Invasion. Doch man hat auch von der Reise Jezals
in das alte Kaiserreich erfahren. In der Hauptstadt Adua wird er wie ein Held
gefeiert, obwohl er sich langsam seiner charakterlichen Schwächen bewusst
geworden ist. In Adua lebt nach wie vor auch Ardee, die erste wirkliche Liebe
Jezals, der sie aber schließlich verstößt. Denn Jezal wird völlig unerwartet
die Krone angeboten, nachdem der alte König gestorben ist und keiner seiner
Söhne überlebt hat. Bayaz erklärt nun, dass Jezal ein uneheliches Kind des
Königs ist. Durch geschickte Manipulation hievt er Jezal auf den Thron - nur um
ihm dann klar zu machen, wer wirklich die Macht in der Union hat.
Währenddessen ist der Inquisitor Sand dan Glokta mit eigenen Problemen
beschäftigt. Er, einst der gefeierte und hochdekorierte Offizier, ist
inzwischen nur noch ein Schatten dieser früheren Tage. Die Jahre der Folterung
durch die Gurkhisen haben ihn zu einem Krüppel, aber auch zu einem Spezialisten
in Sachen Folter gemacht. Der wachsame, intelligente, aber auch innerlich
verbitterte Inquisitor ist auf eine gefährliche Geschichte gestoßen, die ihn
unter Umständen den Kopf kosten kann, sollte es ihm nicht gelingen, seinem
Vorgesetzten einen Schritt voraus zu sein. Im Norden dauert der Kampf der Union
mit den Nordmännern an, doch gelingt es schließlich, Bethod zu besiegen und
die Unionstruppen eilen nach Süden, um die Hauptstadt Adua zu entsetzen.
Als es schließlich zur Belagerung durch die Gurkhisen kommt, führen alle
Handlungsstränge wieder zusammen. Und dem Leser werden die wahren Absichten von
Bayaz auf katastrophale Weise vor Augen geführt.
Fazit
Kein Zweifel: Abercrombie bietet dem Leser sehr interessante und teils sehr
humorvolle Charaktere (wie bei meinem Lieblingscharakter Glokta, wenn man
schwarzen Humor zu schätzen weiß) sowie eine intelligente, absolut packende
Handlung. Das Ende ist allerdings Geschmackssache. Ich für meinen Teil fand es
sehr erfrischend, dass es durchaus eher düster gefärbt war, denn dies passt zu
der Grundbotschaft von Abercrombie, dass Macht korrumpierend wirken kann und
Menschen mit ihrer Meinung nach guten Absichten nicht unbedingt Gutes tun.
Störend fallen fehlende Karten und ein Glossar auf - Erikson, Martin und Bakker
machen hier einiges in Bezug auf Worldbuilding vor. Ärgerlich ist meines
Erachtens der unpassende deutsche Titel (wie der anderen Titel auch, Abercrombie
hat sich auf seiner Website dazu bereits schon einmal geäußert). Der
Originaltitel "Last Argument of Kings" (in lateinischer Entsprechung
auf den Kanonen Ludwigs XIV. zu finden) ist sehr viel passender. Dennoch: ein
absoluter Leckerbissen, den sich nicht nur Fantasyleser gönnen sollten.