Mit fast vier Millionen Büchern allein in Deutschland ist Ken Folletts
Mittelalterepos "Die Säulen der Erde" eines der Lieblingsbücher
deutscher Leser. Jetzt hat der britische Bestsellerautor die lang erwartete
Fortsetzung geschrieben und führt seine Leser erneut in die fiktive Stadt
Kingsbridge.
Die Handlung von "Die Tore der Welt" spielt rund 200 Jahre nach
"Die Säulen der Erde". Im Jahr 1327 versammelt sich das Volk im
Schatten der Kathedrale. Vier Kinder flüchten vor dem Trubel in den nahe
gelegenen Wald. Merthin, ein Nachfahre von Jack Builder, dem Erbauer der
Kathedrale von Kingsbridge, hat dessen Genie geerbt. Sein Bruder Ralph dagegen
strebt einen Aufstieg in die Ritterschaft an. Caris, Tochter eines Wollhändlers
ist Merthins große Liebe und hat den Wunsch Ärztin zu werden. Und schließlich
Gwenda, die unsterblich in Wulfric verliebt ist, der jedoch nur Augen für ein
anderes Mädchen hat. Diese vier Kinder werden Zeuge eines Kampfes - und eines
tödlichen Geheimnisses. Ein Geheimnis, das sie für immer verfolgen wird. Immer
wieder kreuzen sich die Wege dieser vier Menschen, deren Schicksal auch durch
eine weitere Person maßgeblich geprägt wird: Godwyn, Caris' Vetter. Ein junger
Mönch, der fest entschlossen ist, Prior von Kingsbridge zu werden. Und für
dieses Ziel ist ihm jedes Mittel recht.
Mit knapp 1300 Seiten hat sich Ken Follett sehr viel Platz genommen, um seine
Figuren durch ein Meer von Intrigen und Lügen zu manövrieren. Godwyns Intrigen
würden auch J.R. Ewing zu Gesicht stehen und auch die Schurkereien von Merthins
Bruder Ralph setzen vor allem der jungen Gwenda immer wieder zu. Im Mittelpunkt
steht jedoch das Schicksal von Merthin und Caris, deren privates Glück nicht
nur durch Godwyns Handlungen immer wieder torpediert wird. Denn als die Pest
über das Land hereinbricht, relativieren sich alle Probleme.
"Die Tore der Welt" ist ein klassisches Mittelalterepos, das gut
dreihundert Seiten benötigt, um richtig in Fahrt zu kommen. Dann jedoch lässt
Ken Follett seinen Figuren kaum noch eine Verschnaufpause. Nach "Die
Säulen der Erde" konnte Ken Follett keinen weiteren Roman über den Bau
einer Kathedrale schreiben. Er hat sich daher für das 14. Jahrhundert
entschieden, da dies ein Wendepunkt der intellektuellen Geschichte sei. Immer
wieder schaut Follett nach den realen Quellen der Gesellschaftskonflikte, die
die Menschen zwingen, sich zu entscheiden.
Mit Gwenda und Caris stehen zwei starke Frauen im Mittelpunkt, deren
Liebesgeschichten einen Großteil der Handlung einnehmen. Wichtig war Ken
Follett hier, diesen Geschichten ein hohes Maß an Frustpotential zu geben, um
den Konflikt am laufen zu halten. Ein Vorhaben, das insgesamt gelungen ist.
"Die Tore der Welt" fesselt den Leser und führt ihm vor Augen, wie
drastisch die Pest in Europa gewütet hat.
Fazit
Auch wenn "Die Tore der Welt" nicht ganz so gut wie "Die Säulen
der Erde" ist, hat Ken Follett insgesamt einen packenden Roman geschrieben,
dem zwar einige Seiten weniger gut getan hätten, der aber trotzdem die
Erwartungen erfüllt.
Vorgeschlagen von Michael Krause
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veröffentlicht am 11. September 2008 2008-09-11 21:26:46