"Jetzt ist schon wieder was passiert. Und ob du es glaubst oder nicht. Zur
Abwechslung einmal etwas Gutes": Das neue Buch von Wolf Haas ist da. Und
wie immer fällt es den Rezensenten schwer, sich des Haas'schen Sprachduktus zu
entziehen. Aber interessant: es wehrt sich auch keiner dagegen (die
gegenwärtige Rezensentin macht da keine Ausnahme) - Haas' Sprachmacht ist
einfach zu groß.
"Das ewige Leben" hat alles, was ein Wolf-Haas-Buch braucht:
Privatdetektiv Simon Brenner, ein paar Todesfälle, rechtsextreme Bürgerwehren,
die Drogenmafia, Jimi Hendrix, ein Happyend, Puntigamer Bier als Leitmotiv, die
fantastische, zielorientiert schweifende Haas'sche Erzählweise und den
einzigartigen, wahrhaft allwissenden Erzähler, der alle
literaturwissenschaftlichen Kategorien gesprengt und über den der Leser in
diesem Buch endlich mehr erfährt.
Auch Simon Brenner lernt man etwas besser kennen. Der Privatdetektiv ist in
seine Heimatstadt Graz zurückgekehrt. Neben Erinnerungen daran, wie er als
13-jähriger den etwas älteren Arnold Schwarzenegger niederschlug (woraufhin
dieser mit seinem Krafttraining begann), wird Brenner auch mit seiner eher
unrühmlichen Vergangenheit als Polizeischüler konfrontiert: Zusammen mit drei
Freunden und angehenden Gesetzeshütern wendete Brenner damals seine jüngsten
Erkenntnisse über das Sicherheitssystem der örtlichen Sparkasse an, um deren
Tresorraum auszuräumen.
Diese Erinnerung kostet einen der Freunde bald das Leben und bringt Brenner
einen Kopfschuss und ein wochenlanges Koma ein - aus dem er zum Glück (für
sich und der Leser) in der Sigmund-Freud-Landesnervenklinik wieder erwacht. Die
Nachforschungen, die Brenner so bald wie möglich aufnimmt, führen zu weiteren
Toten und zu einer neuen Liebe.
Fazit
"Das ewige Leben" ist der letzte Simon-Brenner-Roman, leider; aber es
ist ein grandioser Abschluss, der besser und passender nicht hätte sein
können. Wie in den vorherigen Büchern gelingt es Wolf Haas, Krimihandlung und
Niveau zu verbinden, um gleichzeitig beiläufig-beißende
Gesellschaftsbeschreibungen mit großem Unterhaltungswert und Suspense
vorzulegen. Und das alles in einem wundervoll kreisenden Sprachstil, der in der
inhaltlichen Abschweifung die höchste Trefferquote erzielt. Sparsam im Gebrauch
ganzer Sätze, vorsichtig im Einsatz von Verben, schweift der Erzähler und mit
ihm der Leser durch die Story, gemeinsam beobachtet man Simon Brenner, denkt
über das Leben, koksende Fußballtrainer, die rhetorischen Fähigkeiten von
Trafikanten oder die Äquivalenzen von Brenners komatös verschattetem Gehirn
und dem Stadtplan von Graz nach. Einfach grandios - oder schlicht: "eins
a".
Vorgeschlagen von Kirsten Reimers
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veröffentlicht am 06. April 2003 2003-04-06 14:38:01