Sollten Sie ein hypochondrischer Zwerg sein, hüten Sie sich in Sledwaya im
Reich Zamonien vor der Zwergengrippe. Sie ist nur eine der ausgesucht schrägen
Krankheiten, die man sich mit etwas hypochondrischem Talent dort einfangen kann.
Durch Sledwaya streift gerade hungrig Echo die Kratze, eine Katze, die mit
anderen Lebewesen kommunizieren kann. Eine ausgehungerte Kratze kommt
Schrecksenmeister Succubius Eißpin wie gerufen; denn Kratzenfett fehlt ihm noch
in seiner Sammlung von Tierkörper-Fetten. Eißpins Fettsammelei dient der
Konservierung von Düften, Furzen und Mundgerüchen aller Art. Zusätzlich ist
das seltene Kratzenfett auch wichtiges Bestandteil eines lebensspendenden
Elixiers. Schrecksenmeister Eißpin bietet Echo erlesene Verpflegung für die
Dauer von vier Wochen an. Als Gegenleistung für seine kulinarische Versorgung
soll Echo sich vertraglich verpflichten, anschließend Eißpin seinen Körper zu
überlassen. Eißpin bewohnt ein Gemäuer vom Ausmaß einer multiplen
norwegischen Stabkirche, bezeichnet sich als Meister der Katastrophenmalerei und
gibt als Hobby Gruseltaxidermie an. Eine liebevoll beschriebene chaotische
Hexenküche mit auf Hochglanz polierten Hexenkesseln und hauchdünn geschärften
Messern lässt die Leser ins Zentrum Zamonischer Alchimie eintauchen. Der
Zauberer zeigt sich als ausgefuchster Bösewicht, der telepathisch mit Pilzen
verkehrt und nie um eine schlagfertige Antwort verlegen ist. Man munkelt, der
große Meister sei der fünfte Apokalyptische Reiter.
Echo lebt nun in Eißpins Burg (mit seinen vielen Dächern und Türmen ist das
Gemäuer ein ausgesuchtes Katzenparadies) und lernt die zahlreichen Mitbewohner
des Schrecksenmeisters kennen: Ledermäuse, die Meister bakteriologischer
Kriegsführung, gekochte Gespenster und Fjodor den einäugigen Schuhu, der so
große Probleme mit Fremdwörtern hat, dass der Leser glaubt, beim Lesen von
Fjodors Sprüchen seekrank zu werden. Fjodor ist der erste, der Fluchtpläne
für Echo schmiedet und auch die letzte Schreckse Izanuela Anazazi, Trägerin
des grünen Daumens und eine gefragte Naturheilerin, will Echo aus den Fängen
Eißpins befreien. Izanuela und Echo versuchen gemeinsam, Eißpin mit einem
Zaubertrank auf den rechten Weg zurück zu holen.
Hildegunst von Mythenmetz zeichnet wie üblich als Übersetzer verantwortlich
für die Übertragung des Textes ins Neuzamonische, Moers für die Übersetzung
ins Deutsche. Die Geschichte lehnt sich an Kellers Märchen "Spiegel, das
Kätzchen" an.
Der Schrecksenmeister folgt als fünfter Band auf "
Die 13 1/2 Leben des Käptn
Blaubär", "
Ensel
und Krete","Rumo und die Wunder im Dunkeln" und "
Die Stadt der Träumenden
Bücher".
Fazit
Im Vergleich zur urigen "Stadt der träumenden Bücher" fällt es dem
mäßig spannenden "Schrecksenmeister" erheblich schwerer, seine Leser
zu fesseln. Moers Geschichte aus kätzischer Perspektive wirkt recht düster,
Eißpins kulinarische Machenschaften sind für Katzenliebhaber
gewöhnungsbedürftig. Moers unerschöpflicher Vorrat an pfiffigen
Wortschöpfungen, seine Welt skurriler Gestalten und die ironische Darstellung
des bürokratischen Gesamt-Sledwayanischen Systems erfreut Moers-Liebhaber
ebenso wie die Umschlag-Gestaltung und üppige Schwarz-Weiß-Illustrationen des
Buches.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 27. August 2008 2008-08-27 10:35:02