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Margaret Atwood: Moralische Unordnung

Moralische Unordnung

von Margaret Atwood (Biografie)
Verlag: Berlin Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Belletristik
ISBN-13 978-3-8270-0709-4

Preis: 9,24 Euro bei Amazon.de [Stand: 20. November 2024]
Nell und Tig, ein alterndes Ehepaar, haben noch nicht gefrühstückt, doch eifrig berichtet Tig seiner Frau zu dieser unpassenden Zeit die Hiobsbotschaften des Tages. Margaret Atwood spricht das Altern des Paares nicht direkt an. Nell und Tig brauchen über das Alter nicht mehr zu witzeln, sie sind einfach alt. Das Zusammenleben der beiden als Paar klappt gerade noch so eben, doch Vergesslichkeit und nachlassende Kräfte werden zunehmend zu Missverständnissen führen. Margaret Atwoods ineinander verwobene Geschichten um Nell und ihre Familie brauchen nur wenige knappe Sätze, um vordergründig unspektakuläre Ereignisse in lange nachwirkenden Bildern zu vermitteln. In den weiteren Geschichten folgen wir Nell in ihre Kindheit, als Nells Mutter 10 Jahre nach Nells Geburt ihr drittes Kind erwartete. Das Leben mit der anstrengenden kleinen Lizzie und einer geschwächten Mutter hat rein gar nichts mit der Theorie im konventionellen Lehrbuch für die Hausfrau zu tun, das Nell verschlingt. Die erwachsene, psychisch kranke Lizzie wird die Geduld ihrer Familie ein Leben lang strapazieren. Als deprimierendste unter allen deprimierenden Erinnerungen wird Nell die pott-hässliche grüne Tagesdecke ihres Untermiet-Zimmers in Erinnerung bleiben. Später wird Nell sich in Tig verlieben und sich in der Beziehung zu ihm, seiner Noch-Ehefrau Oona und den beiden Kindern aus dieser Ehe aufreiben. Tigs Erstfamilie wird soviel Raum einnehmen, dass Nell sich kaum vorstellen kann, wo eigentlich noch Platz für ein gemeinsames Kind von Tig und ihr bleibt. In der Schilderung des Alltags auf Tigs und Nells gemeinsamer Farm zeigt Atwood sich wie gewohnt als Erzählerin von Format. Kaum jemand kann Freud und Leid des Lebens mit Gemüseschwemmen, Pferden und mutterlosen Jungtieren so lapidar und bissig erzählen wie Margaret Atwood. Wie in Atwoods älteren Natur-Ent-Idealisierungs-Geschichten bekommen auch in diesem Buch die Besucher aus der Stadt von ihr den Spiegel vorgehalten. Natur ist immer dann gut und beneidenswert, solange man selbst kein Holz hacken muss und andere sich die Hände schmutzig machen. Atwoods Erzählungen scheinen mit leichter Hand geschrieben, doch sie enthalten stets Widerhaken. Mit "Moralische Unordnung" legt Margaret Atwood nach "Katzenauge" ihr zweites Buch mit biografischen Bezügen vor. Sie habe den Buchtitel von ihrem Mann Graeme Gibson übernommen, nachdem der sich entschloss, nicht mehr zu schreiben, berichtet die Autorin.
Fazit
Ob es um Nells Mutter geht, die in relativ hohem Alter noch einmal schwanger wird, um das Altern von Nells betagten Eltern oder die Schattenseiten in Nells Beziehung zu Tig, Margaret Atwood beobachtet stets genau und entlarvt den schönen Schein mit bissigen Seitenhieben.
8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne
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Vorgeschlagen von Helga Buss [Profil]
veröffentlicht am 09. Juli 2008

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