Vor der Küste Neuseelands werden Passagiere eines Whale-Watching-Bootes Zeugen
eines starken Seebebens. Die durch das Beben hervorgerufene Welle fegt auf die
Küste zu, zerstört einige Häuser und verwüstet einen Campingplatz. Nachdem
der erste Schreck sich gelegt hat, macht das Team des Bootes zugleich mit der
Besatzung des neuseeländischen Forschungsschiffes "Warrior" eine
beunruhigende Beobachtung: das Seebeben hat offensichtlich die vor dieser Küste
ortstreuen Pottwale vertrieben. Im Anschluss an eine Forschungsreise verbringt
der deutsche Kalmar-Spezialist Hermann Pauli von der Universität Kiel ein paar
Urlaubstage in genau der vom Seebeben betroffenen Gegend. Pauli reflektiert den
Tod seiner Frau und das eigene Einzelgängertum. Auch der Professor aus Kiel
konnte als Passagier von Bord des Whale-Watching-Katamarans aus das Beben
beobachten. Doch als Kalmar-Spezialist fallen ihm andere beunruhigende Vorgänge
auf als den auf die Kartierung von Wal-Lauten fixierten Wissenschaftlern an Bord
der "Warrior". Pauli findet an einem Strandabschnitt riesige Mengen
unterschiedlicher Arten von ihm bisher unbekannten Kalmaren. Wie besessen
beginnt er, davon so viele wie möglich zu konservieren und zu bestimmen. Der
Hinweis eines alten Fischers macht Pauli endgültig deutlich, dass es nicht mehr
nur um verschreckte Pottwale und ein paar Kalmare geht - ein roter Riesenkalmar
muss in der Bucht unterwegs sein. Gerüchte über ein Tiefsee-Monster lassen
nicht lange auf sich warten. Pauli, der verwahrlost aussehende Fremde, der an
einem einsamen Strand eimerweise tote Kalmare einsammelt, erregt bald den
Argwohn der örtlichen Polizei. Die Bürger des kleinen Ortes müssen von
Tourismus leben, sie dringen deshalb darauf, dass der gute Ruf ihrer Küste
gewahrt bleibt und haben kein Interesse, von verrückten Wissenschaftlern und
sensationslüsternen Journalisten in die Schlagzeilen der Weltpresse gezerrt zu
werden. Walforscher, Kalmar-Spezialisten und die Einwohner verstricken sich in
einem erbitterten Kampf darum, was mit dem angeblichen Tiefsee-Monster geschehen
soll. In diesem Kampf hat jeder nur die eigenen Interessen vor Augen.
Fazit
Die Vorgänge vor der neuseeländischen Küste sind nicht ganz so spektakulär,
wie der Umschlagtext vermuten lässt. Ereignisse im Wasser und an Bord der
beteiligten Schiffe schildert Bernhard Kegel fesselnd und kenntnisreich. Sein
trockener Jargon ist der Hauptfigur Pauli wie auf den Leib geschrieben, passt
aber weniger zu anderen Beteiligten. Die Figur Pauli wird nach meinem Geschmack
zu Lasten anderer Personen zu ausführlich ausgeführt; die Biologin Barbara und
ihre Motive, als späte Studentin noch zu promovieren, spielen im Vergleich zu
Pauli eine eher unbedeutende Rolle. "Der Rote" bietet eine sehr
spannende Lektüre, die jedoch von Rückblicken und einigen dozierenden
Abschnitten in die Länge gezogen wird.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 09. Juni 2008 2008-06-09 10:38:04