Nanolino, der in Grönemeyers
Der kleine Medicus auf winzigstes
Format geschrumpft wurde und als Korponaut aufregende Abenteuer im menschlichen
Körper erlebte, ist im zweiten Band reifer geworden. In seinem Leben hat sich
inzwischen einiges verändert: Nano ist nicht mehr "sehr klein für sein
Alter", sondern kleinwüchsig und hat seine Begeisterung für Fußball
entdeckt. Auch Nanos Familie (Mutter, Schwester, Opa und zwei Omas) sieht sich
mit grundlegenden Veränderungen konfrontiert: der Großvater Erwin hat
gesundheitliche Probleme; Oma Rosi, die Expertin für Brennnessel-Tinkturen und
Hausmittel aller Art, ist zwar noch fit und voller Zukunftspläne, doch sie
bereitet sich in Gedanken darauf vor, dass sie im Alter die Unterstützung
ihrer Familie brauchen könnte. Im Zusammenhang mit Nanos Fußballbegeisterung
gibt Grönemeyer am Beispiel einer Knieverletzung Einblicke in die Funktion des
menschlichen Skeletts, in Fitnesstraining und Muskelaufbau und lässt Oma Rosi
Grundsätze zur gesunden Lebensführung predigen. Nanolino erhält die
Gelegenheit, mit dem Mini-U-Boot "Manta" im Knie des verletzten Jimmy
herum zu düsen und Jimmys Knie genau von innen zu betrachten. Micro Mintec
glänzt mit der Entwicklung eines solargetriebenen fliegenden Arztkoffers und
auch der experimentierfreudige Dr. X und der fiese Professor Schlotter dürfen
nicht fehlen.
Im Gegensatz zu "Der kleine Medicus", in dem mir die Verknüpfung von
Fantasy, Information und Hausrezepten im Edutainment-Stil nicht gefiel,
hinterließen "Die neuen Abenteuer des kleinen Medicus" im ersten
Drittel des Buches einen positiven Eindruck. Die anschauliche Darstellung von
Jimmys Sportverletzung kann Jugendliche leicht für Vorgänge im menschlichen
Körper begeistern. In der Folge gelingt es Grönemeyer nicht, die reale und
die Fantasy-Handlung schlüssig miteinander zu verknüpfen, die Themen Ohr und
Hören, sowie die Altersbeschwerden der Großeltern und weiterer Personen
glaubwürdig in Nanos Abenteuer einzubinden. Wie auch im ersten Band reihen
sich erzählte Kapitel, Kästen mit Sachinformationen und Hausmittel der Oma
ohne erkennbaren Bezug aneinander. Für Jugendliche wenig interessante Themen
der HNO-Sparte und des Alterns nehmen im Buch mit fast zwei Dritteln der
Sach-Kapitel zu viel Raum ein. Die Logik der beliebigen Aneinanderreihung von
Nanos Erlebnissen, Informationen zum Thema Galle (Seite 165), Magersucht (Seite
171) und einem Rezept für einen Beruhigungstee (Seite 173) erschließt sich dem
Leser nicht. Dass Nano - inzwischen deutlich in die Pubertät gekommen - sich
in Eliza verliebt, wird leider nicht weiter vertieft. Schade, dass auch das
Thema Kleinwüchsigkeit in seinen Auswirkungen auf Nanos reales Leben keine
weitere Beachtung findet. Das Buch enthält einige interessante Abbildungen
des menschlichen Skeletts in der Kernspintomografie, die mich stärker
interessiert hätten, wenn sie einen Bezug zur Handlung hätten und zum Beispiel
ein tatsächlich beim Fußball verletztes Knie zeigen würden. Ein gemeinsames
Register versammelt Stichworte beider Bände, ein eigenes Register listet die
genannten Heilmittel auf, doch - wie auch im ersten Band - lassen sich die
sinnvollen Hausrezepte nicht über ein Register erschließen.
Fazit
Grönemeyer nimmt offensichtlich die Veränderungen einer alternden Gesellschaft
auf den Lebensalltag von Familien wahr und will mit seinem kleinen Medicus
Leser mehrer Generationen ansprechen. Selbst in Kombination mit dem in der
Saison 2007/2008 aktuellen Thema Fußball überzeugen "Die Neuen Abenteuer
des kleinen Medicus" nicht.
Vorgeschlagen von Helga Buss
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veröffentlicht am 04. November 2008 2008-11-04 10:48:34