Berlin 1949, der Krieg ist vorbei und hinterlässt eine geteilte Stadt voller
Trümmer. Kinder spielen auf den Straßen und in zerstörten Häusern. Menschen
kämpfen um ihr tägliches Leben und der Schwarzmarkt boomt. Weihnachten rückt
näher und jeder möchte seinen Lieben eine Freude machen. Und in dieser Zeit
werden Leichenteile gefunden im Osten sowie im Westen von Berlin. Die
Kriminaldienste des Ost- und Westsektors stehen vor einer schwierigen Aufgabe.
Sie dürfen im jeweils anderen Sektor nicht auf eigene Hand ermitteln, es
besteht also der Zwang zur Kooperation, wenn sie den Fall lösen möchten.
Bosetzky stellt zu Beginn des Buches einige Menschen vor, die mit dem Mordfall
oder dem Mörder irgendwie in Verbindung stehen. Jede Person bekommt ein eigenes
Kapitel und der Leser fragt sich, ob er sich die Charaktere überhaupt merken
kann. Unter anderem werden Bacheran, ein junger Staatsanwalt, der sein
Referendariat am Fehrbelliner Platz in Westberlin absolviert und Leupahn eine
Polizistin aus dem Ostberlin vorgestellt. Beide ermitteln im Mordfall und
entdecken Gefühle füreinander. Eine kleine Liebesgeschichte musste eben in
Bosetzkys Kriminalroman hinein.
Nach und nach verdichten sich die Fakten und Indizien. Eine Krankenschwester aus
Westberlin rückt ins Blickfeld. Eine geschiedene Frau, die ums Überleben
kämpft. Ihre Kinder leben in einem Heim und sie besucht sie regelmäßig. Diese
Frau, Elisabeth Kusian hat einen Geliebten, einen Westberliner und verheirateten
Polizisten. Ihr Kurt soll zu Weihnachten eine Schreibmaschine bekommen. Aber
würde sie dafür töten? Eine Krankenschwester? Ein gütiger Mensch, der immer
nur Anderen hilft, sich für seine Familie aufopfert und eigentlich mehr
verdient hat als er bekommt? Oder ist genau das das Motiv: Sich endlich nehmen
was einem zusteht?
Bosetzky berichtet in Der kalte Engel von einem wahren Mordfall und seiner
schwierigen Gerichtsverhandlung. Nur Bacheran und Leupahn sind hinzugedichtet.
Dieser Fall zeigt die verzwickte Lage für Kriminalisten der zwei Sektoren, die
ihre Arbeit machen und einen Fall lösen möchten. Jeder Sektor versucht dem
anderen Steine in den Weg zu legen und jeder gibt sich als besseren
Kriminalisten an, als den der die wichtigsten Fakten herausfand. Was für die
Polizei ein Nachteil ist, scheint für Straftäter ein Vorteil. Die
Wahrscheinlichkeit, dass ein Verbrechen unter solchen Umständen aufgelöst
wird, verringert sich. Das Buch erzählt aber auch von Menschen, die in einer
schweren Zeit und ohne Wohlstand lebten. Menschen, die auf vieles verzichten
mussten, wenn sie nicht kriminell werden wollten. Ein Leben voller Verzicht,
dass die Person, die den Mord begangen hat nicht hinnehmen wollte.
Fazit
Horst Bosetzky hat einen spannenden Krimi geschrieben, den man nur ungern zur
Seite legen möchte. Mit historischen Details und Hintergründen hilft er dem
Leser, sich in die Zeit Anfang der 50er Jahre hineinzuversetzen und Motivationen
der einzelnen Protagonisten zu verstehen.
Vorgeschlagen von Romy Bigalke-Kunert
[Profil]
veröffentlicht am 07. Juni 2008 2008-06-07 18:34:10