Frank Hebben ist ein vielseitiger Autor, dessen Kurzgeschichten weit gestreut in
den verschiedensten Verlagen veröffentlicht wurden. Der Sammelband
Prothesengötter ist ein Versuch, seine Erzählungen gesammelt einem Publikum
vorzustellen, das nicht Willens oder in der Lage war, die Bücher und
Zeitschriften zu kaufen, in denen seine Kurzgeschichten veröffentlicht wurden.
Seit April liegt die Kurzgeschichtensammlung, neudeutsch Collection genannt,
dem willigen Leser deutscher Sprache vor. Mit einem künstlerisch gelungenem
Titelbild von Carsten Dörr ist das Buch zumindest ein Augenschmaus.
Für den Verlag ist das Buch jedoch ein Wagnis, da seine Kurzgeschichten auch
im Internet verbreitet sind und daher nichts neues bieten.
In einem Vorwort hatte ich gehofft etwas zu erfahren, warum die Kurzgeschichten
in dieser Reihenfolge veröffentlicht wurden, warum er dies so oder so
geschrieben hat. Aber nichts dergleichen. Statt dessen lässt sich Ronald M.
Hahn über Leute aus, die meinen, sie wären Autoren. Leider nichts über Frank
Hebben, sieht man mal von ein wenig Lobhudelei ab.
Die älteste Geschichte in dieser Zusammenstellung beginnt den Reigen der
Kurzgeschichten, bis sie bei der Kurzgeschichte Omega endet. In der Zwischenzeit
hatte der Leser genug Zeit, sich ein Bild von Franks Ideenreichtum, eigenem
Charme und Stil zu machen.
Memories
Eine hoffnungslose Welt. Erinnerungen werden getauscht. Die bösen, schlechten
Erinnerungen will man loswerden, die Guten dafür eintauschen.
Im Labyrinth der Neonrose
Das Mädchen Céline mit den Schmetterlingsaugen aus Memories, tritt hier auch
wieder auf. Diesmal ist es weitaus gefährlicher auf der Suche nach Erinnerungen
zu sein.
Gélee Royal
Die Geschichte erzählt von einem Wesen namens Tákeb, dass an einen Rollstuhl
gefesselt war und sich dann in einer riesigen Werkshalle wiederfindet. Das
verbindende Element der Geschichte ist jedoch eine künstliche Biene.
Die Wühler
Ilaine ist eine anmutige Künstlerin, deren Körper selbst Kunst ist. Krarik
hingegen ist Arbeiter, der keine andere Aufgabe kennt und Ilaine bewundert.
Leider sehr vorhersehbar.
Das Bild im leeren Rahmen
Lena ist eine tatkräftige junge Frau, die sich aus dem weltüberwachenden
System ausklinken will. Ihr Freund soll auf sie aufpassen, während sie sich ins
weltweite Netzwerk direkt einklinkt. Aber wie in allen Geschichten, geht auch
das schief.
Marionettentheater
Köhler arbeitet für die Gesellschaft Biosys, die auch in der vorherigen
Kurzgeschichte Erwähnung findet, wie Siemens. (Wir machen keine Reklame für
eine Firma). Da man sich inzwischen mittels Konsolen in einen menschlichen
Körper einklinken kann, haben Computerspiele einen besonderen Kick.
Off
Magdalena ist eine Frau die ständig im internationalen Datenstrom hängt. So
lange online, bis die kabel mit dem umgebenden Gewebe verwachsen. In der
Datenwelt, mit all ihren Vorteilen und Nachteilen, die dies hat. Bis hin zu
Stromausfall.
Amethyst
Herr Kamari arbeitet mit modernsten Mittel und ist doch nur ein Mörder und
Organsammler. Und Herr Kosth ist eine Art neuer Frankenstein.
002:32:45
Die Geschichte eines Stahlfalters, der doch nichts anderes zu sein scheint als
das Ausführungsobjekt eines Fremden.
Exodus 1906 AD
Der Kaiser, ein Mensch der abdankt und nach ihm die Maschinengeneration.
Imperium Germanicum
Krieg, seit Jahrzehnten, Jahr um Jahr, und doch nur eine Simulation. Oder doch
nicht?
Das Fest des Hammers ist der Schlag
Ein Kampf aber um was? Aussichtslos oder Erfolgreich, Ende offen, alles gut?
Omega
Mit Omega endet nicht nur ein Kampf, der Leser schöpft neue Hoffnung auf ein
neues DANACH, während das Buch schliesst.
Fazit
Manchmal hatte ich den Eindruck in Frank Hebben einen ewig gestrigen
Cyberpunk-Anhänger der 1980er Jahre vor mir zu haben. Seine Erzählung sind
originell, doch ein wenig zu Vergangenheitslastig. Es finden sich wenig neue
Ideen.
Prothesengötter gehört als Kurzgeschichtensammlung zu einem zwiespältigen
Lesevergnügen. Ist es jetzt, der bereits angesprochene ewig gestrige oder ist
er jemand, der den Punk der Zukunft aus der Vergangenheit holt und dem Leser nur
erneut bewusst macht? So ziemlich jede Erzählung ist eine unschöne Zukunft.
Der Einzelne zählt allein nichts und nur in der Summe stellt er eine
funktionierende Maschinerie dar. Diese Maschinerie zeigt jedoch auf, dass sie
gegenüber richtigen Maschinen unterlegen sind. Immer.
Der Leser ist dem Autor Frank Hebben unterlegen. Der Autor weiss, was er will,
der Leser nicht immer. Wenn schon kein Vorwort, dann doch wenigstens ein
erklärendes Nachwort.
Vorgeschlagen von erik schreiber
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veröffentlicht am 05. Juni 2008 2008-06-05 10:42:55