Mitten in Göteborg hat die betagte Ester mit einer alten Armeepistole einen
Mann erschossen. Täterin und Opfer haben sich nicht gekannt. Die Verdächtige
wird der Gerichtspsychiaterin Hanna Skogholm vorgestellt. Ester erzählt zwar
aus ihrem Leben, doch sie "redet" nicht über die rätselhafte Tat.
Weit über ihre Aufgabe als Gutachterin hinaus vertieft Hanna sich in Esters
Schicksal als Verfolgte des Nationalsozialismus. Hanna stößt auf Bücher in
mehreren ihr unbekannten Sprachen, auf einen vermissten Mann, den es offiziell
in Schweden gar nicht geben kann, und auf die tief verschlossenen Erinnerungen
einer der letzten Überlebenden einer aussterbenden Generation. Mit ihrer
Neugier hat Hanna sich einen erbitterten Feind geschaffen, der die Ermittlerin
und ihre Familie in ernste Gefahr bringt. Doch solange Ester schweigt, kann
Hanna zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Esters Schicksal und der
Bedrohung ihrer (Hannas) Familie keinen Zusammenhang herstellen. Hannas einzige
Chance ist die Befragung der wenigen Menschen, mit denen Ester in Schweden
Kontakt hatte.
Fazit
Die Aufklärung des geheimnisvollen Mordfalls scheint beim Lesen zunächst
aussichtslos, die Verknüpfung von Vergangenheit und Gegenwart wirkt ohne Sinn.
Ohne Indizien, ohne Geständnis der Verdächtigen fragt man sich, ob "Der
Mann mit dem blauen Schal" überhaupt ein Krimi ist. Doch Sven Westerberg
fesselt mit seinem einfühlsamen Psychogramm der traumatisierten Ester seine
Leser bis zum überraschenden, sehr poetischen Schluss.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 05. Mai 2008 2008-05-05 10:49:44