Er glaubte an den Vormarsch der voranschreitenden Perfektion technischer Mittel,
daran, dass der Kampf als Substanz der menschlichen Natur bestehen bleibt und
sich nur die Mittel dazu ändern - Ernst Jünger. Die totale Mobilmachung war
ihm nicht nur ein nationaler Prozess, sondern einer, der auf der ganzen Erde mit
forcierter und unaufhaltsamer Modernisierung zum Tragen kommt. Es ging in seinem
Denken um den "Eudaimonismus der Massenseele" (Gehlen) als Haupwaffe
des Kollektivs, um die Ausdehnung der Toleranzgrenze, die Vorherrschaft der
Gesinnungsmoral und die Privatisierung der Interessen, wenn er von der Ersetzung
des Feindes durch das Kollektiv spricht. Immer aber auch spielt das
Verlustbewusstsein eine Rolle.
Ernst Jünger hat mit seinem ersten Werk "In Stahlgewittern" (1920),
erstmals erschienen in einem sächsischen Kleinverlag, nicht nur sein
meistverkauftes Buch geschrieben, sondern einen Klassiker der
Weltkrieg-Literatur hinterlassen, der in seiner literarischen Qualität
unübertroffen ist. Der schwedische Archäologe Nils Fabiansson legt hier einen
Begleitband vor, der über die Entstehungsgeschichte dieses Werkes informiert.
Der Band enthält zahlreiche Abbildungen, darunter Reproduktionen aus den
Tagebüchern Ernst Jüngers, Abbildungen aus seinen Aufzeichnungen und Kladden,
die hier erstmals veröffentlicht werden und entsprechend beeindrucken.
Das Werk Jüngers wird nachvollziehbar und vor allem als solches
rekonstruierbar, welches aus der Hand eines Mannes im Kampfe, während der
Aktion, vor, im und nach der Schlacht - zunächst in flüchtigen Stichpunkten
und anschließend ausformuliert - entstand. Der Autor liefert zahlreiche
Hinweise für Leser und Touristen, die heute die damalige Westfront besuchen und
sich ein genaues Bild verschaffen wollen. Alte Aufnahmen werden aktuellen Fotos
gegenübergestellt, der Schauplatz des Krieges und damit die Handlung von
Jüngers Buch werden als Handlung mitreißend entfaltet. Zu den Abbildungen
zählen nicht nur die Reproduktionen aus den Tagebüchern Ernst Jüngers,
sondern auch Bilder der diversen Gefallenenfriedhöfe der Westfront sowie
Kartenausschnitte, die vom Kampfgeschehen in Jüngers handschriftlichen Skizzen
zeugen.
Das Luminar war für Jünger ein Instrument zur Rekonstruktion des Gewesenen. Es
resultiert aus ihm die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen. Sein Ziel war die
Wiederherstellung der Harmonie in einer unablässig fortschreitenden Welt.
Analog dazu kann auch dieses Buch gewissermaßen als Luminar verstanden werden.
Es rekonstruiert das Geschehene auf anschauliche Weise und behält die
Entwicklung des Erstlingswerkes Jüngers im Blick. Es vermittelt dem Leser, dass
jeder seinen eigenen Krieg führt, täglich, unbewusst, dass die Träume,
Wünsche und Affekte Landschaften erschließen, in denen zivile Konventionen
nicht gelten. Vortrefflich zur Geltung kommen im Buch Fabianssons entsprechend
die geistesgeschichtlichen Linien, vor denen allein Jünger zu beurteilen
sinnvoll ist: Tradition der deutschen Kriegsliteratur, Große Mobilmachung,
Mobilisierung der gesamten Gesellschaft, Überwindung der als ungerecht
angesehenen Verhältnisse, die Qual des Schreibers in den Glaubenskriegen der
Moderne, Immanenz und Transzendenz. Das Naturschöne wird zur Erfahrung einer in
glücklichen Augenblicken schon jetzt erlösten Welt und zum Anlass eines
Erlösungswunsches, den es auszuhalten gilt. - Gefühle, die für Jünger auch
und vor allem (nur) im Krieg möglich waren.
Fazit
- Ein überfälliges Buch.
Vorgeschlagen von Daniel Bigalke
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veröffentlicht am 19. April 2008 2008-04-19 18:55:57