Horst Bosetzky, emiritierter Soziologieprofessor, veröffentlichte in den
letzten Jahrzehnten zahlreiche und vielgelesene Kriminalromane sowie eine
Familiensaga. "Die Bestie vom Schlesischen Bahnhof" ist ein
dokumentarischer Kriminalroman und zeichnet einen Ausschnitt (1870-1922) aus der
Lebensgeschichte des Karl Großmann auf.
Karl Großmann, ein in Neuruppin geborener Junge mit vielen Geschwistern,
wächst in einem armen Haushalt auf. Der Vater ist Lumpensammler und für seine
Familie unerträglich, wenn er getrunken hat. Der junge Karl, kein
gutaussehender und wohlriechender Junge, wird von anderen Kindern gemieden, nur
die Ziegen nehmen ihn so an, wie er ist. Sie werden seine Freunde und so wird
Karl schnell zum "Zickenkarl". Die einzige Freude seines Lebens ist
Sex und sein Trieb ist stark. Im Laufe seines Lebens entwickelt er äußerst
ungewöhnliche und zu damaligen Zeiten abartig genannte sexuelle Wünsche. Er
geht nach Berlin und danach nach Bayern, um als Schlachter und dann als
Lumpensammler zu arbeiten. Eine Frau findet er nicht, so nimmt er sich
wehrlosere Opfer wie Ziegen oder sogar Kinder, um seinen Trieb zu befriedigen.
Mehrmals landet er durch sein Verhalten im Zuchthaus und wird letztendlich aus
Bayern verwiesen und landet wieder in Berlin. Hier eröffnet er einen Wurststand
am Schlesischen Bahnhof. Für seine Wohnung sucht er immer wieder
Wirtschafterinnen. Frauen, die keinen Pfennig mehr zum Leben haben und als
Prostituierte arbeiten müssen, in der ständigen Angst, dabei von der Polizei
erfasst und dafür mit Zuchthaus bestraft zu werden, gehen zunächst gern auf
Karl Großmanns Arbeitsangebot ein. Doch der will seine sexuellen Wünsche
befriedigt wissen. Wie diese aussehen und was mit einem Teil der Frauen
passiert, kann der Leser im Buch nachlesen. Doch zur gleichen Zeit verschwinden
in Berlin Frauen und Leichenteile von Frauen werden im Kanal gefunden.
Einen schaurigen Roman hat Horst Bosetzky verfasst. Seine Recherchen stützen
sich auf Aufzeichnungen verschiedener Fachleute, die mit dem Fall betraut waren
und Karl Großmanns selbst. Somit ist es eine authentische Dokumentation zu den
Sexualdelikten des Großmann. Aber es ist nicht nur das. Die Geschichte zeigt
noch mehr. Die Biographie Karl Großmanns zeigt auch wieviel Einfluss die
Familienverhältnisse, in denen ein Kind aufwächst, für die Sozialisation des
Menschen haben. Dies ist sicher kein Freifahrtschein aber doch ein
Bedingungsfaktor für solch eine Entwicklung. Zugleich stellt sich der Leser die
Frage, was mit der Polizei und den Nachbarn war. Haben die nicht viel zu spät
reagiert? Warum haben Hausnachbarn, die regelmäßig Schreie aus der Wohnung des
Täters hörten, nie eingegriffen? Und gleichzeitig die Frage, wie wäre es
heute? Verschließen nicht auch heute viele Menschen die Augen, um sich nicht in
Angelegenheiten anderer Menschen einzumischen?
Fazit
Der Roman zeigt nicht nur eine grausame Geschichte, sondern hat auch eine
sozialkritische Seite. Sehr Interessant für alle, die mehr als nur einen Krimi
erwarten.
Vorgeschlagen von Romy Bigalke-Kunert
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veröffentlicht am 30. März 2008 2008-03-30 19:44:43