Die Wölfin Palla und ihr Gefährte Huttser sind in den Karpaten unterwegs. Die
beiden Alpha-Wölfe leben in Transsilvanien zur Zeit als türkische Truppen auf
dem Vormarsch nach Europa sind. Gegenspielerin von Pallas Rudel ist die Wölfin
Morgra, von der gemunkelt wird, sie solle "die Gabe" einer Heilerin
und Seherin haben. Auch Huttsers Tochter, der weißen Wölfin Larka, sagt man
eine besondere Gabe nach - sie kann die Welt aus der Vogelperspektive sehen. In
dieser unruhigen Epoche sind verschiedene Gruppen von Wölfen in gegenseitige
Kämpfe verstrickt. Hunde, Dachse und Wölfe hatten sich bis dahin als Verwandte
empfunden und konnten sich miteinander verständigen. Dieses Gleichgewicht wird
durch Menschen bedroht, die zahme Hunde halten und zur Jagd abrichten. Einer der
vielen Mythen, den man sich bei Wolfs erzählt, ist eine Legende über ein
geraubtes Menschenkind. Dieser Raub könnte der Beginn der Feindschaft zwischen
Wölfen und Menschen gewesen sein.
Clement-Davies erzählt eine spannende phantastische Geschichte aus der Welt der
Wölfe. Seine Wölfe verwölflichen aus ihrer Sicht die Menschen. Sie
beobachten, dass Menschen in Menschenbauten wohnen und sich die Pfote halten.
Stärker noch vermenschlicht der Autor seine Wolfgestalten. Clement-Davies
Wölfe haben eine lange Tradition mündlicher Überlieferung und sie zeigen
starke Emotionen wie Hass, Rache, Treue und Mitgefühl. Die lebendigen Dialoge
zwischen den Wölfen geben der Handlung Tempo, doch sie vernachlässigen andere
Sinne, mit denen sich Wölfe verständigt haben könnten. Das Leben im Rudel und
die Instinkte der Tiere spielen in der Geschichte nur eine geringe Rolle. Sehr
ansprechend finde ich die Naturschilderungen des Autors, seine Beschreibung des
Öko-Systems und der Nahrungskette.
Fazit
Clement-Davies spielt mit Wolfs-Klischees, indem er seine Figuren richtigstellen
lässt, dass kein Wolf je den Mond angeheult hätte. Seine eigene Schilderung
vom Umgang einer Wölfin mit einem Menschenjungen und seine Darstellung von
Liebe und Leid in den Wolfsclans sind nicht frei von Klischees.
"Wolfsaugen" ist eine spannende, streckenweise grausame Geschichte,
die die Tradition der Säugetier-Phantastik fortführt. Abenteuer aus dem
Maulwurfshügel und aus dem Fuchsbau gab es bereits.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 04. Februar 2008 2008-02-04 18:52:02