Der isländische Hotelier Jonás Júlíusson wendet sich an seine Anwältin
Dóra, weil er der Meinung ist, auf der Halbinsel Snæfellsness ein Grundstück
mit einem versteckten Mangel gekauft zu haben. Erst nach der Fertigstellung
seines Esoterik-Hotel mit Wellness-Angebot fand er heraus, dass es in der Gegend
spukt. Überdeutlich ist im Hotel nachts das Weinen eines Kindes zu hören.
"Alle" außer Jónas hätten schon immer gewusst, dass dort ein
schlechter Ort sei. Seine Mitarbeiter, Aura-Experten, Hellseher und
Lebensberater haben jeder einen Hang zum Übersinnlichen und reagieren extrem
empfindlich auf die Störungen. Jónas fürchtet um seine Existenz.
In Island glaubt mancher an Elfen, Trolle oder Wiedergänger. Auf die
Befindlichkeit der unsichtbaren Wesen muss besondere Rücksicht genommen werden,
bevor man beginnt zu bauen. Als am Strand in der Nähe des Hotels Birna, die
Architektin der Baumaßnahme, tot aufgefunden wird, ist es für vorauseilende
Rücksicht auf die unterirdischen Wesen zu spät. Dóra Gudmundsdóttir, Jonás
Anwältin, ist jede Ausrede recht, um die alltäglichen langweiligen
Nachbarschaftsstreitigkeiten auf ihrem Schreibtisch in Reykjavik zurückzulassen
und sich als Hobby-Ermittlerin zu betätigen. Mit ihrem deutschen Freund
Matthias im Schlepptau und immer wieder unterbrochen von den pubertären
Eskapaden ihres 16-jährigen Sohns Gylfi, macht sich Dóra auf Snæfellsness
ans Werk. Bei ihren Nachforschungen rund um das neu erbaute Hotel stößt sie
auf ein verwirrendes Geflecht aus Erbstreitigkeiten, verleugneten unehelichen
Kindern und Kisten voller Erinnerungsstücke, die von ihren Besitzern in
benachbarten unbewohnten Bauernhäusern zurück gelassen wurden. Die
Vorgeschichte der beiden Höfe und ihrer Besitzer reicht bis in die Zeit des
Nationalsozialismus zurück. Dorás Auswahl an Verdächtigen ist groß, die an
neugierigen Nachbarn ebenfalls. Dóra kriecht nicht nur in muffigen Kellern und
auf verstaubten Dachböden herum, sie nimmt selbst die Grabsteine auf dem
Dorffriedhof aufs Korn. Doch ehe sie sich an der Frage festbeißen kann, wer
eigentlich Kristin gewesen ist, wird ein weiterer Toter in einem Pferdestall
gefunden. Dóra konzentriert sich nun auf die Frage: Wer starb, wer hat
überlebt und wer erbt?
Fazit
Als Leser von Sigurdardóttirs zweitem Island-Krimi hat man wenig Chancen,
selbst eine halbwegs glaubwürdige Erklärung für die mysteriösen Todesfälle
zu finden und die verzwickte Indizienlage zu überschauen. Spannung erzeugt die
Autorin, indem sie die Frage, welche Verbindung wohl zwischen der Eingangsszene
und der Handlung im Jahr 2006 besteht, erst am Schluss beantwortet. "Das
gefrorene Licht" ist deshalb Lesern empfohlen, denen die Entwicklung der
Personen und die stimmungsvolle Atmosphäre der isländischen Landschaft
wichtiger sind als der Kriminalfall und seine Auflösung.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 12. Dezember 2007 2007-12-12 19:28:43